Süddeutsche Zeitung

Jazz:Party im Sitzen

Die junge Band "Buffzack" stellt ihr neues Album "Tanzverbot" in der Unterfahrt vor: eine stilistisch verwegene Mischung, die trotz des Titels in die Beine fährt

Von Oliver Hochkeppel

Tubisten sind die Linksaußen der Orchester und Bands: eigenwillig, mitunter spleenig, oft mit besonderem Humor ausgestattet. Man denke nur an Andreas Martin Hofmeir, der nicht nur als klassischer Virtuose, sondern auch als Kabarettist unterwegs ist. Auch der Allgäuer Tubist Florian Mayrhofer bricht gern aus Konventionen aus. Als mehrfacher "Jugend musiziert"-Bundespreisträger studierte er sein Instrument in München und Wien klassisch wie im Jazzfach. Seitdem spielt er in Orchestern bis hin zu den Münchner Philharmonikern ebenso wie im Red Sox Brassquintett oder mit den Welt-Volksmusikern der Unterbiberger Hofmusik. Und noch einen Zacken wilder, vorwitziger und stiloffener geht es bei den beiden eigenen Bands zu, die er mitgegründet hat, und die jetzt beide in Eigenregie neue CDs auf den Markt werfen: Maxjoseph und Buffzack.

Buffzack sticht schon wegen seiner Besetzung aus der Ensemble-Landschaft heraus. Drei Blechbläser und ein Schlagzeuger beackern ein denkbar weites musikalisches Feld, das von Volksmusik über Jazz bis zu Pop, Dub, Hip-Hop oder Funk reicht. Machbar ist das so nur, weil auch Mayrhofers Kollegen herausragende Instrumentalisten und überzeugte Multistilisten sind. Der ebenfalls aus dem Allgäu stammende Trompeter Andreas Unterreiner, der neben Mayrhofer alle Stücke schreibt und arrangiert, ist bei Soul- und Jazzbands ebenso zu Hause wie im Theater- und Musicalgraben, bei der Rapperin Fiva oder bei der Jazzrausch Bigband. Posaunist Lukas Jochner spielte und spielt viel in großen Ensembles wie der SWR-Big-Band, dem Christian Elsässer- oder dem Glenn Miller Orchestra, aber auch in außergewöhnlichen kleinen Besetzungen wie Matthias Schriefls Shreefpunk oder dem Sextett Mingus in Wonderland. Der in Bern und New York ausgebildete Schweizer Schlagzeuger Lorenz Hunziker-Rutigliano schließlich, der unlängst für den viel beschäftigten Sebastian Wolfgruber einstieg, trommelte außer bei Jazzbands auch schon für Thomas D., Joy Denalane oder gar Hartmut Engler von Pur.

"Tanzverbot" heißt die neue Buffzack-Scheibe, wohl nicht nur eine Anspielung auf Corona-Zeiten, sondern auch darauf, dass die Band gerne schwer in die Beine gehende Sachen spielt, zu denen das Publikum sich dann doch selten zu tanzen traut. Wie schon beim Erstling mit dem schönen Titel "Gehirnfasching" ist das Ganze ein verwegener Ritt, mal wuchtig, mal poetisch, meist mit einer Prise Humor, wie es schon Titel wie "Unnützwiese" oder "Neuntonmusik - No AfD" andeuten. Harte Wechsel, forsche Rhythmik und ein satter Sound durchziehen alle Stücke, die gleichwohl immer von starken Melodien getragen werden. Spieltechnisch ist das meiste eine echte Herausforderung, die vielen Growls, Tempo-Attacken oder Lagenwechsel etwa, radikal versetzte Passagen wie in "Tanzäffchen" oder ausgebuffte Soli wie in "Wackeldackelgroove". Gerade das macht die Stärke der Band aus, dass sie jeden Ausbruch wieder virtuos in ein harmonisches Miteinander einfängt, so wie das ganze Album mit einer wunderschönen Version der Beatles-Nummer "Blackbird". So fulminant kommt das daher, dass man schon vor dem CD-Spieler das Zucken in den Beinen nicht vermeiden kann. Noch weniger vermutlich bei der Live-Präsentation in der Unterfahrt. Trotz "Tanzverbot".

Buffzack: "Tanzverbot" (www.buffzack.com); live: Freitag, 30. Oktober, 19 und 21 Uhr, Unterfahrt, Einsteinstraße 42

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Quelle:
SZ vom 29.10.2020
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