Süddeutsche Zeitung

Kritik:Großes Herz

Pianist Omer Klein und sein Trio begeistern in der ausverkauften Unterfahrt.

Von Ralf Dombrowski

Leider habe er Wayne Shorter nie persönlich kennengelernt, meint Omer Klein. Aber durch seinen Lehrer Danilo Pérez, der lange als Pianist die Bands des unlängst verstorbenen Saxophonisten geprägt hatte, seien ihm doch einige der Botschaften weitergegeben worden, das große Herz, das man für die Musik brauche, die Unbedingtheit, sich dem zu widmen, was man gut und wichtig finde, überhaupt die ganze Haltung künstlerischer Aufrichtigkeit dem eigenen Tun gegenüber. Und so starten der Pianist Klein, der Bassist Haggai Cohen-Milo und der Schlagzeuger Amir Bresler ihr Konzert im ausverkauften Jazzclub Unterfahrt mit ihrer Deutung des Shorter-Standards "Juju", kraftvoll in der Geste und geschmeidig in der Durchführung.

Damit geben sie auch die Richtung vor, der sie zur Feier des Zehnjährigen ihres Trios gerade auch ein neues Album und eben die dazu gehörende Tour widmen. Es ist Vorgabe und Grenze in einem, denn die Musiker sind an einem Punkt angelangt, wo es kompliziert wird, die selbst gesetzten Anforderungen noch zu übertreffen.

Viel fluider und eleganter kann man im Rahmen stilistisch tonaler Improvisation kaum agieren, viel in sich verzahnter als Team auch schwerlich harmonieren. Die Herausforderungen müssen von anderen Seiten kommen, von der formal neu balancierten Interpretation von "Nissun" etwa, eines frühen Songs aus eigener Feder, der sich in ein folkloregetöntes Pathosgeflecht verwandelt.

Bresler adaptiert darüber hinaus viele Impulse aus nord- und westafrikanischen Rhythmuswelten, manchmal mit Tendenz zur Überfülle der Ornamente, Cohen-Milo verblüfft mit rasanten Solo-Passagen voller hurtig mäandernden Improvisationsbögen, Klein wiederum genießt es, in sein Portfolio der Spieltraditionen zu greifen und von romantesker Harmonisierung bis zur wild geläufigen Tonkaskade das große Pianistenpanorama zu bieten. Diese üppige, verschwenderische Geste der Optionen ist seine Welt und auch die seines Trios. Wer kann, der darf in der Musik, meinte ja auch schon Shorter.

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