Süddeutsche Zeitung

Jazz:Aus Wut wird Wucht

Kamasi Washington ist die neue Führungsfigur der schwarzen amerikanischen Musik.

Von Oliver Hochkeppel

Vor drei Jahren spielte sich der heute 37 Jahre alte amerikanische Saxofonist Kamasi Washington mit dem Monumentalwerk "The Epic" - Ergebnis einer inzwischen legendären, einmonatigen Marathonstudiositzung - schlagartig ins internationale Rampenlicht.

Ein Hype wie einst bei der Acid-Jazz-Bewegung oder bei der von Diana Krall und Norah Jones losgetretenen Sängerinnen-Welle setzte um ihn und sein Musikerkollektiv West Coast Get Down ein. Was auch mit der Persönlichkeit und Geschichte des massigen Mannes mit dem wilden Vollbart und den wallenden afrikanischen Gewändern zu tun hat. Wuchs Washington doch in einem der übelsten Viertel von Los Angeles auf. Die Musik wurde zum Ausweg aus der Spirale von Gewalt und Drogen.

Washington wurde im Freundeskreis herausragender Talente - zu denen etwa die Pianisten Cameron Graves und Brandon Coleman, die Bassisten Miles Mosley und Stephen "Thundercat" Bruner oder der Schlagzeuger Ronald Bruner jr. gehören - zur Führungsfigur, nachdem er mit George Duke, Snoop Dogg oder Lauryn Hill getourt, enge Kontakte zum Hip-Hop-Produzenten Steven Ellison alias Flying Lotus hergestellt und auf dem Album "To Pimp A Butterfly" des neuen Star-Rappers Kendrick Lamar mitgespielt und -arrangiert hatte.

Wobei die Bestandteile von Washingtons Musik für sich genommen nicht neu sind. Sein Fusion-Jazz ist im Kern "retro" und rekombiniert alles Mögliche, von Bebop-Soli über Latin-Harmonik bis hin zu Afrobeat und Hip-Hop, meist übereinandergetürmt und in fast pathetische Arrangements gegossen. Es ist eine Art Quintessenz der schwarzen amerikanischen Musik, gespielt mit überwältigender Wucht, die jetzt in der Neuen Theaterfabrik live zu erleben ist.

Kamasi Washington, Fr., 18. Mai, 20.30 Uhr, Neue Theaterfabrik

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Quelle:
SZ EXTRA vom 17.05.18/axi
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