Italienisches Restaurant Altstadt "Via Veneto":Wo die Flasche Wein schon mal 699 Euro kostet

Ein paradiesischer Platz mit plätscherndem Brunnen und einem exklusiven Weinsortiment: Das italienische Restaurant Via Vittorio Veneto befindet sich, wie könnte es anders sein, an der Maximilianstraße - und verbindet Dolce Vita mit puristischer Kochphilosophie.

Johanna N. Hummel

Ein Film brachte den Ruhm, Federico Fellinis "La Dolce Vita": Vor fünfzig Jahren ließen sich in der Via Vittorio Veneto die Reichen und Berühmten und jene, die all das werden wollten, vom Hype des süßen Lebens tragen. Die römische Via Veneto war ein Markenzeichen, auch noch 1994, als Aurelio Tomarelli seinem neuen Restaurant an der Ecke Maximilianstraße und Altstadtring diesen Namen gab, mit einer Verbeugung vor Fellini und dem Wunsch, Rom möge ein wenig auf München abfärben.

Italienisches Restaurant Altstadt "Via Veneto": Im Via Veneto in der Maximilianstrasse gibt es für jeden Gast zum Dessert Kaffee-Schokobohnen.

Im Via Veneto in der Maximilianstrasse gibt es für jeden Gast zum Dessert Kaffee-Schokobohnen.

(Foto: Stephan Rumpf)

Der Wunsch hat sich erfüllt. Die Maximilianstraße ist im Griff der Luxusbranche mit ihren Luxuslabels. Da bekommt das Lied, das die Geschwister Well in den Kammerspielen singen, draußen auf der Straße eine andere Bedeutung: "Fein sein, beinander bleib'n".

Nun hat auch der Kaufmann, Gastronom und Sommelier Tomarelli einen gewissen Hang zu Wachstum und Größe, in Wasserburg eröffnete er 2008 sein bislang letztes Lokal, in seiner Heimat Umbrien ist er am Weingut Sportoletti beteiligt. Allerlei liefert es ins Via Veneto - auch ein gutes Olivenöl.

Auf der gepflegten Weinkarte stehen Winzer aus ganz Italien, die Flasche Masseto 2007 aus dem Weingut Ornellaia, eine Rarität, ist für 699 Euro zu haben, man befindet sich an der Maximilianstraße. Die offenen Weine, ob der Chardonnay von Fiegl, der Gavi von Bersano oder der Assisi Rosso von Sportoletti waren trocken und angenehm (0,2 Liter 7 bis 7,80 Euro).

2011, als manche Geschäftsleute in dieser teuren Lage aufgaben, wurde das Via Veneto erneuert, und zwar schick und schlicht: An den Wänden lichtes Grau, dunkles Holz und moderne Bilder, weiß gedeckte, dicht gestellte Tische, die Kissen in leuchtendem Orange. Die geschwungene Bar ist Drehpunkt für alle, die kommen, auch wenn sie nur den starken Espresso mit schmelzenden Schokokaffeebohnen bestellen. Der Innenhof blieb unverändert, ein paradiesischer Platz mit plätscherndem Brunnen, einer Fontana di Trevi im Badewannenformat.

Für ein kleines Restaurant bietet das Via Veneto eine große Speisenkarte, die Tagesgerichte wechseln ständig. Miss-trauen gegenüber großen Karten? Der lauwarme Oktopussalat mit Stangensellerie und Oliven war eine runde Sache, nichts dominierte das Meeresgetier. Beim Vitello tonnato lagen hauchdünne Kalbfleischscheiben unter einer milden Sauce ohne Mayonnaise, wunderbar nach Thunfisch schmeckte sie. Das Parmesansoufflé kam duftig auf den Tisch, üppig mit Bianchetto-Trüffel bedeckt, es war zum Niederknien (13,80 bis 19,80).

Gepflegt wird hier eine puristische Küche: gute Qualität, wenig Gewürze, noch weniger Salz. Den schwarzen Spaghetti mit Calamari bekam die Philosophie gut, auch dem Thunfisch mit grünem Spargel und Austernpilzen: Zwei dicke Scheiben, kurz angebraten, innen roh, lagen auf dem Teller, eine Delikatesse; nur den Koriander schienen die Köche an der Sauce vorbeigetragen zu haben. Das Goldbrassen-Filet war im richtigen Moment aus der Pfanne gekommen, mit knuspriger Haut ruhte es unverkünstelt auf bissfestem Frühlingsgemüse (13,80 bis 25,80).

Serviert wurde ohne Kommentar, die Kellner übten sich in freundlicher Zurückhaltung. Ein korkender Wein oder ein falsches Gericht wurden ohne Diskussion ausgetauscht, allerdings auch ohne Entschuldigung. Einmal wirkte einer von ihnen grantig, das war, als er mittags das Baretto-Lunch (9,90) auftrug. Es war aber auch kein Essen zum Lachen: Eine Selleriesuppe, die so schmeckte, als seien nur Sellerie, Wasser und ein Schuss Öl in den Kochtopf gelangt; und die salzlosen Fusilli mit Pilzen hatten statt einer Mascarponesauce einen dicken Klecks Mascarpone pur abbekommen. Ein Ausrutscher?

Manchmal wurde die puristische Kochphilosophie übertrieben. Dem faden Risotto mit Gambas und Artischocken hätte man einen Schluck Wein gegönnt. Und die Scaloppine vom Kalb mit einem stark karottenhaltigen Gemüsereis und einer Weinsauce, die nicht nach Wein schmeckte, erinnerten an strenge Diät. Mit den dicken Lammkoteletts aber war alles vergeben. Kräftig angebraten und innen rosa kamen sie auf den Tisch, mit grünem Spargel, Wachtelspiegeleiern und einer samtigen Trüffelcrème, eine Götterspeise war das (14,80 bis 23,80).

Die Desserts enthalten nach der Lehre des Via Veneto keinen Alkohol, anderes soll den Gaumenkitzel liefern. Beim intensiven Zitronenkuchen war das so. Doch zuweilen scheint der Koch die reine Süße zu lieben, ob beim Mascarpone zu Erdbeeren im Karamellkörbchen oder beim Tiramisu (7 bis 8,80). Vielleicht aber ist auch das Programm - und gehört zum "Dolce Vita", Interpretation 2012.

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