Italiener in München zum Wahlsieg Berlusconis:"Für unser Ansehen ist das ein Fiasko"

Ratlosigkeit und Resignation in der Landeshauptstadt: Nach dem Triumph von Silvio Berlusconi fürchten Italiener in München um den Ruf ihrer Heimat.

Elisa Antz

Silvio Berlusconi hat es erneut geschafft. Der italienische Ex-Premier gewann am Sonntag die Parlamentswahlen mit deutlichem Vorsprung vor seinem Konkurrenten Walter Veltroni. Auch im Zuständigkeitsbereich des italienischen Konsulats in München waren 46000 Landsleute zur Wahl aufgerufen, die Beteiligung lag bei 34,8 Prozent.

Zu der großen Gruppe der Nichtwähler gehören auch Luca Gazzo und David Puntin vom Café Segafredo am Rindermarkt. "Ich habe diesmal nicht gewählt", bekennt Gazzo. "Das ist natürlich grundsätzlich falsch, aber in dieser Situation war es der einzig mögliche Protest." Sein Kollege Puntin zeigt sich ähnlich resigniert: "Wir Italiener haben alles probiert, rechts und links. Immer gab es viele Versprechen und wenig Taten."

"Zumindest ist er professionell"

Das Verhältnis der Männer zu ihrem Staatsoberhaupt ist ambivalent. "Ich hätte ihn nie gewählt, aber vielleicht kann er etwas bewegen. Zumindest ist er professionell", wägt Puntin ab. Und Gazzo fasst zusammen: "Jemand mit Berlusconis unternehmerischen Fähigkeiten, aber einer anderen Persönlichkeit. Das wäre gut." Dass Berlusconi in Deutschland eher einen schlechten Ruf genießt, können sie zwar nachvollziehen, für ihren Alltag in München erwarten die beiden allerdings keine direkten Konsequenzen.

Auch der 32-jährige Dario Tomiselli macht sich Sorgen um die Zukunft seines Heimatlands. "Ich weiß nicht, wer Berlusconi gewählt hat. Vermutlich junge Leute, die noch nicht viel Erfahrung haben und in Berlusconi einen Repräsentanten von Macht und Erfolg sehen." Einen direkten Einfluss der Regierungswahl auf sein Leben kann der Koch, Sprachlehrer und Barkeeper zwar auch nicht ausmachen. "Doch für Italiens internationales Ansehen ist das ein Fiasko. In Deutschland hätte jemand wie Berlusconi niemals eine Chance gehabt."

Wie viele in München lebende Italiener tatsächlich für den milliardenschweren Politiker gestimmt haben, lasse sich nicht feststellen, erklärt ein Sprecher der Botschaft in Berlin. Zu den Wahlergebnissen in der nördlichsten Stadt Italiens gibt es keine Daten, diese Stimmen fallen alle unter den "Wahlbezirk Europa".

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