IT-Reform:Stadt will Betreuung von 35 000 Schul-Computern loswerden

Niemand weiß, wie viele Tabletcomputer es schon an deutschen Schulen gibt.

Viele Schülerinnen und Schüler lernen mit digitaler Unterstützung.

(Foto: dpa)

Mehr als 200 IT-Mitarbeiter sollen in eine private Gesellschaft wechseln. Doch nur ein geringer Teil ist dazu bereit. Der Personalrat lehnt die Auslagerung ab.

Von Heiner Effern

Die Stadt will 231 Stellen des Referats für Bildung und Sport in eine private Gesellschaft auslagern. Betroffen sind Mitarbeiter in der Computertechnik, die zu einer 100-prozentigen Tochter der Stadtwerke München (SWM) wechseln sollen. Dabei setzt die Regierungsmehrheit von CSU und SPD darauf, dass die betroffenen Angestellten oder Beamten freiwillig zur LHM Services GmbH gehen. Die Stadt erhofft sich davon eine deutlich höhere Schlagkraft in der Betreuung der etwa 35 000 Rechner und 480 Server, die sie alleine im Bildungssektor unterhält. Der Gesamtpersonalrat lehnt die Auslagerung ab. "Wir sehen die Gefahr, dass nichts besser wird. Für die Mitarbeiter, die wechseln sollen, bleibt aber vieles unklar", sagt der stellvertretende Vorsitzende Stefan Sass.

Überraschend kommt die Auslagerung nicht, der Stadtrat treibt sie seit Februar 2017 voran. Nach jahrelangen Klagen von Lehrern und Schülern über lahme Rechner und Verbindungen, Abstürze und Wartefrust soll es nun voran gehen: Bis Ende März 2019 soll der Umbau der Bildungs-IT abgeschlossen sein. Mit einem Beschluss am Mittwoch will der Stadtrat festlegen, wie die Neuorganisation ablaufen soll. Die LHM Services darf als Hauptbetreuer für das pädagogische Netz ihren Personalstamm sogar deutlich vergrößern. Bis zu 302 Stellen will die Stadt ihr finanzieren. Im Schulreferat verbleiben gerade mal gut zehn Mitarbeiter, die vor allem Steuerungsaufgaben für die private Gesellschaft übernehmen sollen. Das Netz für die Verwaltung soll künftig das IT-Referat übernehmen, knapp 70 Stellen wandern dorthin. Insgesamt will die Stadt allein für das Einrichten der neuen Struktur knapp fünf Millionen Euro ausgeben.

Sollten die Stadträte den Beschluss am Mittwoch wie erwartet fassen, erfüllen sie auch einen Wunsch von Stadtschulrätin Beatrix Zurek: "Die Digitalisierung von Bildungsprozessen ist eine der größten Herausforderungen der nächsten Jahre." Die geplante Neustrukturierung biete die Chance, dass das Bildungsreferat sich auf seine Kernkompetenz konzentrieren könne: die Medienpädagogik. Konkret erhofft sich Zurek "eine funktionsfähige und agile IT für die Schulen, Kitas und Sportstätten", Vorteile bei der Gewinnung der dringend benötigten Fachkräfte, mehr Transparenz bei den Kosten und schnellere Entscheidungen. Zustimmung kommt auch aus der Opposition. "Wir haben großes Vertrauen zu den Stadtwerken und deren Professionalität. Die Effektivität wird gesteigert und für die Einstellung von neuem Personal ist eine Gesellschaft auf einem schwierigen Markt viel schneller", sagt die grüne Stadträtin Sabine Krieger.

Genau daran zweifelt der Gesamtpersonalrat. Das Interesse der IT-Spezialisten aus dem Bildungsreferat an einem Wechsel halte sich in Grenzen, sagt der stellvertretende Vorsitzende Sass. Viele würden sich lieber intern woanders bewerben, wie etwa im erst kürzlich geschaffenen IT-Referat, oder seien schon weg. Die LHM Services werde Probleme haben, ausreichend Personal zu finden, prophezeit er. Sollte es gelingen, extern genügend Mitarbeiter zu finden, stehe man schnell vor der Frage: "Wer soll die einarbeiten?" Deshalb sieht der Personalrat die Gefahr, dass sich die Zustände eher verschlechtern. "Wir glauben nicht, dass das von Erfolg gekrönt sein wird." Zudem sei unklar, ob die private Gesellschaft in den Kommunalen Arbeitgeberverband Bayern aufgenommen wird und wie die Mitarbeiter künftig bezahlt werden. Da es keinen verbindlichen Tarifvertrag gebe, könne ein IT-Ingenieur 10 000 Euro mehr oder auch weniger im Jahr verdienen als bisher.

Inoffiziell ist bei der Stadt von 60 bis 70 Mitarbeitern zu hören, die Interesse an einem Wechsel hätten. Diese sollen keinesfalls schlechter gestellt werden als bisher, steht in der Vorlage zum Stadtrat. Nach drei Jahren besteht ein Rückkehrrecht zur Stadt. Nach dem Beschluss am Mittwoch wollen die Stadtwerke, wie aus dem Stadtrat zu hören ist, nochmals in Einzelgesprächen für einen Wechsel werben. Druck soll nicht aufkommen, verspricht Stadtschulrätin Zurek. "Den Überführungsprozess möglichst offen und transparent mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu gestalten, ist mir ein wichtiges Anliegen."

Bemerkenswert ist, dass die Stadt für die Lösung des gleichen Problems zwei unterschiedliche Wege geht. Erst kürzlich lehnte sie es ab, ihren Dienstleiter IT@M, der alle Rechner außerhalb des Bildungsreferats betreut, in eine private Gesellschaft umzuwandeln. Der Widerstand beim Personal soll zu groß gewesen sein, hieß es im Stadtrat. Auch weil dort mehr Beamte arbeiten, für die ein Wechsel in eine GmbH mangels Karriereaussichten noch deutlich weniger reizvoll ist.

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