Süddeutsche Zeitung

Islamfeinde in München:Pegidas Kontakte reichen in die Fanszene der Löwen

  • Bei Pegida München sind Rechtsextremisten mitmarschiert, gegen die nun ermittelt wird.
  • Die 13 Beschuldigten sollen Überfälle auf zwei Asylbewerberunterkünfte und auf ein Studentencafé in Bamberg geplant haben.
  • Außerdem gibt es eine Verbindung zwischen Pegida und einer rechten Fangruppierung des TSV 1860 München.

Von Martin Bernstein

Sie behaupten "aus der Mitte der Gesellschaft" zu kommen - und pflegen doch intensive Kontakte zum extremen rechten Rand: Am Montagabend haben die 200 verbliebenen Münchner Pegida-Anhänger wieder auf dem Odeonsplatz demonstriert, am Samstag haben einige von ihnen versucht, sich mit einem "Raus aus der Nato"-Plakat unter die Teilnehmer der Kundgebung gegen die Münchner Sicherheitskonferenz zu mischen.

Gleichzeitig hat Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) bestätigt, dass im vergangenen Jahr bei der Münchner Pegida Rechtsextremisten mitmarschierten, die nach einer Polizei-Razzia im Oktober in mehreren fränkischen Städten beschuldigt werden, Überfälle auf zwei Asylbewerberunterkünfte und auf ein Studentencafé in Bamberg geplant zu haben.

Bei den Durchsuchungen im Oktober hatte die Polizei Waffen, pyrotechnisches Material und Propagandamittel sichergestellt. Ermittelt wird gegen 13 Beschuldigte, neun von ihnen sollen eine kriminelle Vereinigung gegründet haben, gegen fünf wurden bisher Haftbefehle erlassen. Die Ermittlungen zu der rechtsextremistischen Zelle und ihren Plänen dauern an.

Mitglied der Neonazipartei "Die Rechte" war bei Pegida-Demo

Unter den Beschuldigten ist auch ein Nürnberger Aktivist der Neonazipartei "Die Rechte" und des dortigen Pegida-Ablegers. Er war noch zwei Tage vor der Polizei-Razzia dabei, als die Münchner Pegida mit einer Kranzniederlegung am Platz der Opfer des Nationalsozialismus provozierte. Unmittelbar nach der Durchsuchungsaktion begann der bayerische Verfassungsschutz, die Pegida-Ableger in München und Franken offiziell zu beobachten.

Bausback in einer Antwort auf eine Landtagsanfrage der Grünen-Abgeordneten Katharina Schulze, Ulrike Grote und Verena Osgyan: "In der Gesamtbewertung liegen bei Pegida München, Pegida Nürnberg und Pegida Franken hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen vor, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten."

Ein Beschuldigter aus der Bamberger Razzia war bereits am 6. Juli 2015 der Münchner Polizei aufgefallen, weil er das Tattoo einer Odalrune gut sichtbar auf dem rechten Unterarm zeigte - während der Münchner Pegida-Versammlung. Wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen hat die Staatsanwaltschaft München I einen Strafbefehl über 3150 Euro gegen ihn beantragt. Es war eine von rund 30 Straftaten mit rechtem Hintergrund, die die Münchner Polizei im vergangenen Jahr bei Pegida-Kundgebungen registrierte.

Teilnehmer aus einer rechten Fangruppierung von 1860 München

Zwei der Beschuldigten aus Franken haben darüber hinaus Verbindungen zur rechten Hooligan-Szene. Und auch da schließt sich der Kreis zur Münchner Pegida: Denn unter den regelmäßigen Kundgebungsteilnehmern sind führende Mitglieder "Brigade Giesing", einer rechten Fangruppierung des TSV 1860 München, die laut Polizeipräsidium bei Heimspielen in Block 132 der Arena geschlossen auftritt. Zehn Angehörige der Brigade Giesing hatten sich am 26. Oktober 2014 an der Demonstration der "Hooligans gegen Salafisten" (Hogesa) in Köln beteiligt, jedoch nicht an den dort verübten Straftaten.

Neun von 17 Mitgliedern der Giesinger Fangruppierung gelten laut Polizei als rechtsextrem beeinflusst. Eine Laimerin aus diesem Kreis, auch sie ist regelmäßige Pegida-Teilnehmerin, hetzt seit Monaten im Internet als angebliche "Bürgerinitiative" gegen eine Asylbewerberunterkunft in Laim. Am 12. Januar 2015 hatten Rechte - nach Augenzeugenberichten aus dem Umfeld der Brigade Giesing - am Rand einer Versammlung des Pegida-Vorgängers Bagida Gegendemonstranten angegriffen.

Bei den ersten Kundgebungen von Pegida in München war nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes fast jeder siebte Teilnehmer ein Mitglied der rechtsextremistischen Szene. Bis zu 200 Neonazis prägten das Bild der Versammlungen. Seit Herbst ist laut Innenministerium "eine zunehmende Radikalisierung einzelner Teilnehmer feststellbar".

Verbindungen zu verurteilten Rechtsterroristen

Stammgäste bei Pegida sind auch Rechtsextremisten, die 2003 einen Sprengstoffanschlag auf die Grundsteinlegung des jüdischen Gemeindezentrums geplant hatten. Wegen der Kontakte des Ko-Vorsitzenden von Pegida, Heinz Meyer, zu dem wegen der Anschlagspläne verurteilten Terroristen Martin Wiese ermittelt das Landeskriminalamt im Auftrag des Generalbundesanwalts seit gut drei Jahren wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung.

Für die Münchner Landtagsabgeordnete Katharina Schulze (Grüne) steht nicht erst seit dem Bekanntwerden der Verbindungen zu der Bamberger Zelle fest: "Es zeigt sich erneut deutlich, wie eng die Verbindungen von Pegida zur rechtsterroristischen Szene sind. Die Übergänge zwischen Pegida, Kameradschaften und Rechtsterroristen sind fließend." Die aufgedeckten Anschlagspläne seien beispielhaft für die aktuelle Entwicklung der rechten Szene in Bayern: "Sie verbündet sich mit Pegida und tritt zunehmend gewalttätiger auf." Die Grünen fordern daher deutlich stärkeren Ermittlungsdruck gegen die rechte Szene in Bayern.

Im Münchner Rathaus findet am Mittwoch, 17. Februar, um 14 Uhr eine öffentliche Expertenanhörung des Stadtrats zur Entwicklung rechtsextremer Straftaten statt. Mit dabei ist Polizeipräsident Hubertus Andrä. Anschließend überreicht Bürgermeisterin Christine Strobl Marcus Buschmüller vom Aida-Archiv für sein Engagement gegen rechts die Medaille "München leuchtet" in Silber.

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SZ vom 17.02.2016/axi
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