Konzert:Locker aus den Armen heraus

Die Pianistin Isata Kanneh-Mason verblüfft im Prinzregententheater mit unverkrampfter Virtuosität.

Von Andreas Pernpeintner

Isata Kanneh-Masons Programmauswahl für ihren Klavierabend im Prinzregententheater ist fein erdacht. Mit Mozarts Zwölf Variationen auf "Ah, vous dirai-je, Maman" beginnt der Abend wie ein herziges Musikschulkonzert. Ein genial platziertes Täuschungsmanöver, denn spätestens ab der zweiten Variation, bei der die linke Hand Fahrt aufnimmt, ist klar, dass es hier sehr erwachsene Instrumentenbeherrschung zu genießen gibt.

Das gilt auch bei der zweimaligen, zyklischen Wiederkehr des scheinbar Kindlichen: bei Debussys feingliedriger "Children's Corner"-Klaviersuite, die Kanneh-Mason fabelhaft gelingt, und Robert Schumanns "Kinderszenen". Bemerkenswert ist, wie wenig Aufhebens Kanneh-Mason um spieltechnische Herausforderungen macht. Ihre Virtuosität entsteht locker aus den Armen heraus und wirkt dadurch umso eindrucksvoller.

Was ebenso auffällt, sind Kanneh-Masons sehr maßvoll gestaltete Ausdruckskontraste auf Basis eines pedalreichen Grundklangs. Dies führt in Fanny Hensels mächtiger und trotz frischem Scherzo sehr ernster, da die Passion Christi thematisierender Ostersonate zu einer (nicht unpassenden) sakralen, zwischendurch fast orgelartigen Anmutung.

Nach der Pause und Clara Schumanns Scherzo Nr. 2 beginnt Kanneh-Mason Chopins zweite Ballade auffallend schnell. Wo andere im Andantino bedeutungsschwer verharren, um das folgende Presto con fuoco als Feuerbrunst zu zelebrieren, hat Kanneh-Mason eine eher verbindende und damit auch verbindliche Herangehensweise: Das Werk erhält dadurch einen homogenen Fluss, den ihm andere nicht verleihen. Es werden aber auch markante Konturen abgeschliffen, die das Werk haben könnte. Gewinn und Verlust sind hierbei schwer zu berechnen - auch bei den anschließenden "Kinderszenen", deren Charakterstücke Kanneh-Mason zu einem wohlgeformten Bogen zusammenspannt und somit das Gesamtwerk höher bewertet als die kontrastierenden Einzeltitel. Sie erntet dafür enormen Beifall und dankt zur Erweiterung des Gesamteindrucks mit Gershwins kurz und prägnant in die Tasten gedonnertem Prelude Nr. 1.

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