Eröffnung der Isarphilharmonie:"Ich glaube, so einen guten Saal hatte München noch nie"

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Provisorium mit guter Akustik: der Konzertsaal der neuen Isarphilharmonie München. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Wie klingt die Isarphilharmonie? Die Akustik des neuen Saals ist eines der bestgehüteten Geheimnisse in München. Mitglieder des Orchesters verraten, wie es ist, darin zu spielen.

Von Egbert Tholl, München

Pause. Die Münchner Philharmoniker proben mit Valery Gergiev das Programm des Eröffnungskonzerts der Isarphilharmonie, da würde man ja gerne mitlauschen, aber die Akustik des neuen Saals ist eines der bestgehüteten Geheimnisse, um dessen Aufklärung man derzeit herumschleichen kann. Aber wenn man schon nicht hinein darf zur Probe, so kommen doch danach welche heraus, Mitglieder des Orchesters, die einem erzählen, wie es ihnen mit dem Saal so ergeht. Und auch wenn Proben noch kein Konzert darstellen, so haben sie doch viel erlebt dabei, denn das Programm der Eröffnung reicht von Beethoven über Ravels pastose Klangverzauberung bis zur Uraufführung eines Auftragswerks von Thierry Escaich mit allergrößter Orchesterbesetzung, zusammen ein weitgespannter Akustiktest.

Nun trifft man also Marie-Luise Modersohn (M), Solo-Oboistin im Orchester, Konstantin Sellheim (S), Bratsche und Mitglied des Orchestervorstands, Manuel von der Nahmer (N), Cellist. Die Drei haben beste Laune. Wie ist denn nun der erste Eindruck? "Für mich ist es wunderbar. Ich habe ja ohnehin einen Vorzugsplatz mitten im Orchester, der Boden des Podiums ist pures Holz, kanadische Zeder, es klingt weich, einfach schön" (M). "Hier schwingt der Boden" (S), "ja er schwingt, gerade bei den tiefen Streichern" (N), "es ist wie ein Instrument, als ob ich meine Bratsche streichle" (S).

Die alte Philharmonie als ein Instrument zu bezeichnen, ist noch niemanden eingefallen. Doch Valery Gergiev, den man danach trifft, bleibt stur bei seiner Haltung, kein schlechtes Wort über den Gasteig sagen zu wollen (den alten): "Der Dirigent muss einen Weg finden, damit zurecht zu kommen." Das Dirigentenzimmer in der Isarphilharmonie ist eng, Gergiev scherzt, hier passe auch noch der Chor rein. Praktischer indes ist der Versorgungsautomat direkt vor der Tür; auf dem Weg zum Podium könnte Gergiev noch schnell ein Snickers oder ein Adelholzener ziehen. Falls er Kleingeld hat.

"Ich glaube, so einen guten Saal wie die Isarphilharmonie hatte München noch nie"

Gergiev berichtet von zehn Tagen Lehrzeit. Die Isarphilharmonie könne, trotz ihrer Größe, eine kammermusikalische Atmosphäre offerieren, sie sei optisch und klanglich komfortabel fürs Publikum - tatsächlich waren im Gasteig die Zuhörerplätze bis zu 66 Meter vom Podium entfernt, hier sind es maximal 33. Und: Hier könne man Stille, Ruhe, das Leise zum Ausdruck bringen. Am ehesten sei die Isarphilharmonie mit der neuen Philharmonie in Paris vergleichbar. Ob hier etwas möglich sei, was im Gasteig nicht funktionierte? Haydn.

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Das sagen die drei Orchestermitglieder auch. Paris und Haydn. Sie haben sich aber mit Gergiev nicht abgesprochen. "Hier kann man viel transparenter, klarer spielen" (N), "pointierter" (M), "hier reicht ein Horn, ein Ton wird zur Offenbarung" (S), "im Gasteig gab es eine gewisse Grenze, unter der nichts mehr ging" (N), "aber hier kann man sehr leise spielen" (S), "man muss nicht erst versuchen, Klang zu fabrizieren" (M), "es ist wie Weihnachten" (N).

Offenbar gibt es zwei grundlegende Unterschiede zur alten Philharmonie. Während man dort stets enorme Energie aufwenden musste, um einen vollen Klang zu erzielen, müssen sich hier die Musiker eher zurücknehmen. Gergiev habe auch von der ersten Akustikprobe an daran gearbeitet, leise zu sein. Der andere Unterschied: Dank der offenbar perfekten Orchesteraufstellung wie in einem Amphitheater sehen sich alle Musikerinnen und Musiker nicht nur sehr gut, sie hören sich auch perfekt. Gegenseitig und das eigene Spiel. "Das war immer unser Traum, dass wir uns hören und sehen. Als Bratscher rechts außen höre ich das gesamte Orchester" (S). Im Gasteig gab es davon auf dem Podium eher eine diffuse Ahnung.

Eines ist klar: Die Isarphilharmonie ist eine Bürde für die Gasteig-Renovierung. "Der Gasteig muss dann mindestens genauso gut klingen" (N), "ich glaube, so einen guten Saal wie die Isarphilharmonie hatte München noch nie" (S), "da sind wir der Stadt sehr dankbar und halten die Klappe, was andere Säle angeht" (M). "Wir hatten das Glück, dass das hier schnell vollendet wurde, ohne Gergiev wäre das nicht möglich gewesen" (S).

Bleibt nur noch die Frage, wie der Saal mit Publikum klingt. Die Drei sind extrem zuversichtlich. Freitag Abend erhalten sie die Antwort.

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