Mitten in der trauten Weihnachtsliedersaison begibt sich András Schiff in der Isarphilharmonie an das extravagante Revier von Bachs Cembalokonzerten. Es sind die sechs Konzerte BWV 1052 bis 1056 sowie 1058, zwar Bearbeitungen eigener Musik, darunter die Violinkonzerte E-Dur und a-Moll, aber die Keimzellen unserer Klavierkonzertkultur.
Dabei folgt Bach nicht nur dem musikalischen Ethos seiner Zeit mit der Wiederverwertung guter Einfälle, sondern auch einer alten Praxis, in der die Tasteninstrumente zum Medium anderer Musik werden, von den ersten Orgel-Intavolaturen bis zu den Klavierauszügen Wagners. Dass sie Sir András als glänzende konzertante Herausforderung ernst nimmt, spürte man vom ersten Takt an. Damit trifft er das Ambiente, in dem diese Musik von Bachs Collegium Musicum im Zimmermann'schen Coffeehaus zu Leipzig aufgeführt wurde.
Schiff wählt eine virtuose Diktion der schnellen Tempi, mit der er die rhetorische Brillanz des Cembalotons in die Klangaura des Steinways überträgt - aber ohne Pathos oder Ritardandi. Auch ohne Pedal und in einer Pianokultur, die den enormen rhythmischen Drive umso eindringlicher wirken lässt und alles Figurative mit kristallinem Glanz zum Leuchten bringt. Nur in den langsamen Sätzen, besonders im Siciliano des E-Dur Konzerts, beschwört er Andacht.
Was Schiffs Bach aber Beethoven, Mozart und Schubert verdankt, zeigt sich in der ausdrucksvollen Phrasierung der Bassstimmen, sympathetisch unterstützt von seinem Leib-Ensemble, der feinen Capella Andrea Barca. Vollends schließlich in der dramatischen Gestaltung des d-Moll Konzerts. Soviel Beifallsjubel, dass es mit der kompletten G-Dur Partita noch ein Solokonzert nach dem Konzert gab.