Isar-Unfälle:"Man wird immer wieder hinuntergezogen"

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Am Betonpfeiler rechts im Bild hielt sich einer der drei Männer fest, die das jüngste Badedrama überlebten. Der vierte Mann kam ums Leben. Der Experte der Wasserwacht warnt vor dem Sprung ins Wasser. (Foto: Robert Haas)

Immer wieder kommt es zu dramatischen Unfällen an der Isar. Michael Greiner von der Wasserwacht erklärt, an welchen Stellen der Fluss besonders gefährlich ist.

Interview von Thomas Anlauf

Erneut ist ein Mensch in der Isar ertrunken. Der 24-Jährige war am Mittwochabend mit drei Begleitern an der Marienklausenbrücke in den Fluss gesprungen u nd von der reißenden Strömung mitgerissen worden. Mehrere Hundert Meter flussabwärts zogen Helfer den leblosen Mann auf eine Kiesbank, jede Hilfe kam zu spät. Die drei anderen Männer kamen mit dem Schrecken davon, einer musste von der Feuerwehr geborgen werden, er hatte sich an einem Brückenpfeiler festgeklammert.

Immer wieder kommt es in der Isar und im Eisbach zu tödlichen Unfällen. Erst vor wenigen Tagen hatte die Feuerwehr gewarnt, dass die Isar gefährlich viel Wasser führt. Die SZ sprach mit Michael Greiner von der Wasserwacht München Mitte über die Gefahren im Fluss.

SZ: Werden die Menschen denn immer leichtsinniger beim Baden in der Isar?

Michael Greiner: Das ist schwierig zu beurteilen, man bräuchte dazu Vergleichswerte. Aber man muss auch sehen: Es sind ja an den Wochenenden Tausende Menschen an der Isar. Im Vergleich dazu passiert dann zum Glück nicht noch mehr. Vielleicht ist es aber auch einfach so, dass man Unfälle heutzutage durch die Medien hautnah mitbekommt, das war vor ein paar Jahrzehnten noch nicht der Fall.

Seit die Isar renaturiert wurde, ist auch die Zahl der Menschen, die sich dort aufhalten, stark gestiegen. Gibt es deshalb vielleicht mehr Unfälle als früher?

Gut möglich, dass es damit zusammenhängt, weil einfach mehr Leute da sind. Die Isar ist halt noch mehr als bisher ein Ort für Freizeitaktivitäten geworden. Gerade im Bereich Flaucher und Marienklause ist die Isar besonders beliebt. Wir haben zwei Wachstationen an der Isar, zum einen an der Marienklausenbrücke, wo der Badeunfall passiert ist, und ein Stück weiter unten am Flauchersteg und sehen ja, wie viel dort los ist. Wir sind dort aber nur am Wochenende im Einsatz, weil wir ja ehrenamtlich arbeiten.

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Von Wolfgang Görl

Wo ist der Fluss besonders gefährlich?

Gefährlich ist es überall dort, wo Verbauungen in der Isar sind. Einbauten, Wehre. Die führen dann bei einem höheren Wasserstand zu gefährlichen Wasserwalzen. Wenn wir keinen normalen Wasserstand haben, sollte man die Isar nicht mehr betreten. Es gibt dann auch viel Geschiebe in der Isar, das können große Steine sein oder auch Treibgut unter Wasser. Wo es wirklich gefährlich ist bei Hochwasser ist der Düker an der Marienklause.

Wasserwalzen beziehungsweise Strudel können Schwimmer oftmals gar nicht sehen, sie werden dann plötzlich in die Tiefe gezogen. Wie entstehen denn die Walzen und was ist so gefährlich an ihnen?

Wenn eine Kante im Flussbett ist, dann gibt es schießendes Wasser hin zum Grund. Unter Wasser bildet sich direkt nach der Kante eine Rückströmung. Selbst Baumstämme werden da unter Wasser gezogen und immer wieder zur Kante zurück gespült. Wenn man als Schwimmer in so eine Walze gerät, kommt man normalerweise nicht mehr raus, man wird immer wieder hinuntergezogen.

Die Isar steigt oftmals ziemlich schnell an. Auch jetzt hat der Fluss relativ viel Wasser, obwohl seit Tagen die Sonne scheint. Woher kommt denn das viele Wasser?

Das Einzugsgebiet der Isar ist relativ groß. Wenn dann Gewitterschauer runter gehen, kann der Flusspegel schon relativ rasch steigen. Und es hängt natürlich auch am Sylvensteinspeicher, wenn dort große Wassermengen ausgeleitet werden.

Wie könnte man die Menschen zu mehr Vernunft bringen beim Baden in der Isar? Helfen Warnschilder, wie sie die Surfer jüngst gefordert haben?

Südlich von der Marienklausenbrücke gibt es ja jetzt riesige Hinweisschilder für Bootsfahrer, dass man nicht mehr über den Wasserfall fahren soll. Seitdem ist nicht mehr viel passiert, das wird dann doch meistens beachtet. Ich denke schon, dass Schilder auch für Schwimmer helfen könnten. Aber eben nicht immer, am Eisbach sind auch Warnschilder und es gab dort in diesem Jahr schon zwei tödliche Badeunfälle.

Wie wäre es mit einer Kampagne, also Aufklärung der Badenden direkt am Fluss?

Ich weiß ja nicht, wie groß bei so einer Kampagne die Streuung wäre, wir informieren über Facebook über Gefahren, damit erreichen wir schon 30 000 Menschen.

© SZ vom 18.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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