Süddeutsche Zeitung

Streit um Isar-Nacktbader:"Wir haben aus Solidarität selbst unsere Bikinis ausgezogen"

  • Angestellte eines Sicherheitsdienstes forderten am Wochenende mehrere barbusige Frauen an der Isar auf, ihre Bikinioberteile wieder anzuziehen.
  • Andere Badende solidarisierten sich mit den offenbar eingeschüchterten Frauen.
  • Im Rathaus diskutiert man nun, wie viel Nacktheit an der Isar erlaubt ist und ob Verstöße sanktioniert werden sollen.

Von Julian Hans

Als wäre es nicht eh schon heiß genug, erhitzt nun auch noch ein Streit um nackerte Badende an der Isar die Gemüter im Münchner Rathaus. Nicht die Nackerten selbst sind das öffentliche Ärgernis, sondern der Umgang mit ihnen. Am Wochenende hatten mehrere Männer eines Sicherheitsdienstes barbusige Frauen am Isarufer zwischen Wittelsbacherbrücke und Reichenbachbrücke angesprochen und sie an das Nacktbadeverbot erinnert, das mit einigen Ausnahmen überall in der Landeshauptstadt gilt.

Dass sich fünf bullige Männer voll bekleidet vor barbusigen Frauen aufbauten und diese tadelten, fanden auch viele Besucher in Badebekleidung unverschämt. Sie gingen dazwischen und verteidigten die Frauen. "Wir haben aus Solidarität selbst unsere Bikinis ausgezogen", berichtete eine Augenzeugin der SZ. Etwa zwei Dutzend Personen sollen ihrer Aussage zufolge beteiligt gewesen sein. Schließlich riefen die Männer vom Sicherheitsdienst die Polizei. Die Beamten hätten gleichfalls darauf bestanden, dass die Frauen ihre Busen wieder bedeckten.

Das Baureferat bestätigte, dass der Sicherheitsdienst zwischen Mai und September im Auftrag der Stadt unterwegs ist. Dessen Aufgabe sei jedoch lediglich, daran zu erinnern, dass kein Müll in die Natur geschmissen und außerhalb der Grillstellen kein Feuer entfacht wird. "Das Baureferat hat den Sicherheitsdienst nochmals auf die geltenden Regelungen und seinen expliziten Auftrag hingewiesen", erklärte Pressesprecherin Dagmar Rümenapf. "Insbesondere wurde der Wachdienst angewiesen, das textilfreie Baden an der Isar auch außerhalb der FKK-Zonen nicht von sich aus zu verfolgen." Die Badeverordnung verlangt etwas unpräzise: "Wer öffentlich badet, muss im Stadtgebiet der Landeshauptstadt München Badekleidung tragen."

Wie viel Nacktheit München verträgt und was unter "nackt" überhaupt zu verstehen sei, diskutieren nun die Fraktionen des Stadtrats. Den Anfang machten die Grünen am Dienstag mit einer Anfrage an den Oberbürgermeister, den Vorfall zu klären. Außerdem wollen sie wissen: "Was genau besagt die Kommunale Badebekleidungsverordnung über das oberkörperfreie Baden in Bereichen, in denen das Nacktbadeverbot gilt?" Wird da ein Unterschied zwischen den Geschlechtern gemacht? "Für mich wäre es nicht nachvollziehbar, wenn Männer oben ohne in der Sonne liegen dürfen, Frauen aber nicht", sagt Dominik Krause, einer der Initiatoren der Anfrage. Jede Frau müsse das für sich selbst entscheiden. Andernfalls müsse für männliche Brustwarzen dasselbe Verhüllungsgebot gelten wie für weibliche. Das fände Krause allerdings "schade".

Die CSU ging weiter und stellte einen Dringlichkeitsantrag für die Vollversammlung an diesem Mittwoch: "Die Badekleidungssatzung der Landeshauptstadt München wird dahingehend geändert, dass Badebekleidung im Sinne dieser Satzung die primären Geschlechtsorgane vollständig bedecken muss".

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SZ vom 26.06.2019/lfr
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