Baden in der Isar:Das Isarflussbad in München könnte bis zu 34 Millionen Euro kosten

Baden in der Isar: Bislang ist das Baden an der Isar in vielen Bereichen der Stadtmitte offiziell verboten. Der lang gehegte Wunsch der Münchner nach einem Flussbad im Zentrum könnte sich nun erfüllen.

Bislang ist das Baden an der Isar in vielen Bereichen der Stadtmitte offiziell verboten. Der lang gehegte Wunsch der Münchner nach einem Flussbad im Zentrum könnte sich nun erfüllen.

(Foto: Robert Haas)

Die Pläne für ein Flussbad mitten in der Millionenstadt werden konkreter. Diese beiden Varianten sind denkbar.

Von Thomas Anlauf

Sich treiben lassen. Die Stadt zieht langsam vorbei, Enten landen in der Nähe auf dem Wasser. Einfach mitten durch München schwimmen. Das ist ein Traum Vieler. Bislang ist das verboten, die Gefahr ist groß, in eines der Wehre zu geraten oder sich an scharfen Einbauten unter Wasser zu verletzen.

Doch jetzt könnte ein richtiges Isarflussbad bald schon Wirklichkeit werden. An diesem Dienstag diskutiert der Stadtrat das Ergebnis einer Machbarkeitsstudie, die das Referat für Gesundheit und Umwelt in Auftrag gegeben hat. Ziel der Untersuchung war es, darzustellen, ob und wo ein Isarbad entstehen könnte. Das Ergebnis ist eindeutig: Ein Flussbad ist möglich. Allerdings liegen die Kostenschätzungen mit neun bis 34 Millionen Euro für den Bau überraschend hoch. Und es gibt noch mehr Bedenken.

Wo könnte das Bad entstehen?

Grundsätzlich nur in der Großen Isar, also im kanalisierten Teil des Flusses. Denn die sogenannte Kleine Isar, die auf Höhe der Reichenbachbrücke östlich um die Museumsinsel fließt, gilt mit seiner beinahe wildflussartigen Landschaft als besonders schützenswert. Zwar liegen sowohl Kleine wie Große Isar im untersuchten Flussabschnitt im Landschaftsschutzgebiet, doch die ökologischen Bedenken der Experten halten sich beim Kanal, also der Großen Isar, in Grenzen. In der Studie, die von der Wiener Firma Werner Consult Ziviltechniker GmbH erarbeitet wurde, schneiden zwei Varianten am besten ab. Sie liegen beide in der Großen Isar westlich der Museums und des Vater-Rhein-Brunnens, wo derzeit der Kulturstrand ist.

Gibt es Pläne für die Badeanlage?

Dazu hat das Wiener Büro bereits einige Vorschläge vorgelegt. Zunächst werden zwei Varianten favorisiert: ein durchgängiger Badebereich auf 1,2 Kilometern Länge (Variante eins in der Grafik). Dazu müsste auf Höhe des Streichwehrs an der Corneliusbrücke eine neue, steuerbare Wehranlage eingebaut werden, um bei einer höheren Fließgeschwindigkeit der Isar mehr Wasser in die Kleine Isar zu leiten. Damit wäre gewährleistet, dass Schwimmer nicht von den Wassermassen fortgerissen werden.

Außerdem müsste an Wehr VI eine Absicherung für Schwimmer eingebaut werden. Das Wehr ist die große Anlage, über die der Wehrsteg die Praterinsel im Norden und die Grünanlage mit dem Vater-Rhein-Brunnen verbindet. Im nördlichsten Bereich dieses Flussbads bräuchte es auch noch vor dem Praterwehr kurz vor der Maximiliansbrücke eine weitere Sicherung für Schwimmer. Variante zwei unterscheidet sich vor allem darin, dass der Bereich des großen Wehres, über das Wasser in die Kleine Isar stürzt, ausgespart wäre und somit zwei Badebereiche entstünden - ein südlicher mit 650 Metern Länge und ein nördlicher mit 150 Metern.

Wie könnte das Bad aussehen?

So konkret ist die Planung noch nicht. Erst wenn der Stadtrat zustimmt, die Planungen weiter zu vertiefen, können Architekten verschiedene Modelle ausarbeiten und vorschlagen. Allerdings gibt es bereits erste Vorschläge. Es könnte ein Balkon in die Isar ragen, auf dem sich die Besucher aufhalten, auch mehrere über den Fluss gespannte Brücken sind denkbar. Als Zugänge könnten Rampen oder breite Treppen in die Kaimauer gebaut werden.

Natürlich müsste es auch Umkleidekabinen, WCs und Ähnliches geben. Allerdings heißt es in der Beschlussvorlage für den Stadtrat dazu, dass die Infrastruktur für ein Flussbad möglichst in vorhandenen Gebäuden und Bauwerken untergebracht werden sollte, um das "sensible Stadt- und Landschaftsbild" nicht zu stören. Womöglich könnte auch eine unterirdische Anlage mit Umkleiden entstehen.

Wo liegen die Hürden?

Das sind vor allem drei Bereiche: der Umweltschutz, die Kosten und die Frage nach einem Betreiber. Die Machbarkeitsstudie hat ergeben, dass es in den untersuchten Bereichen in der Großen Isar wohl kaum Probleme mit dem Naturschutz geben dürfte, da es sich um einen Kanal handelt. Allerdings räumen die Gutachter ein, dass darauf zu achten ist, dass Fische weiterhin durch die innerstädtische Isar schwimmen können.

Ein wichtiger Punkt sind die Kosten - und die könnten das Projekt scheitern lassen. Denn die Gutachter schätzen, dass die Nettobaukosten für ein Flussbad je nach Variante zwischen etwa neun und 34 Millionen Euro liegen. Demnach wäre Variante eins mit einem großen durchgängigen Badeabschnitt mit Kosten zwischen 16 und 32 Millionen verbunden.

Die vom Umweltreferat favorisierte Lösung, Variante zwei ohne den nördlichen 150 Meter langen Badebereich zu bauen, könnte demnach zwischen zehn und 19 Millionen kosten, beide Abschnitte zusammen zwischen 19 und 34 Millionen Euro. Auch ist noch völlig unklar, wie ein Flussbad betrieben werden könnte. Sollen die städtischen Bäder für die Sicherheit und den Betrieb zuständig sein? Könnte das auch ein anderer Betreiber, etwa ein Verein, übernehmen? Oder gilt womöglich "Baden auf eigene Gefahr"? Vor allem die zivilrechtlichen Haftungsrisiken bei einem Badeunfall müssten noch geprüft werden.

Wann wäre das Bad geöffnet?

Das hängt auch vom künftigen Betreiber und der etwaigen Überwachung durch Bademeister oder auch Sicherheitsdienste ab. In der Studie selbst gehen die Verfasser davon aus, dass ein geregelter Badebetrieb eigentlich erst ab Mitte Juni sinnvoll wäre, weil dann die Wassertemperatur auf mehr als 14 Grad steigt. Bei einem angenommenen Betrieb bis Mitte September wären das maximal 92 potenzielle Badetage. Allerdings haben die Wiener Experten auch den Flusspegel in den Sommermonaten seit 1972 untersucht. Statistisch gesehen wäre dann an 26,9 Tagen das Baden nicht möglich, weil die Isar zu reißend ist.

Was sagen die Parteien?

Die CSU ist grundsätzlich für ein Isarbad. Wirtschaftsreferent und Zweiter Bürgermeister Josef Schmid unterstützt die Idee seit Jahren und bot sich sogar schon mal scherzhaft an, bei der Eröffnung des Bades einen Tag lang den Bademeister zu geben. Skeptischer ist die SPD angesichts der Kosten. Fraktionschef Alexander Reissl zweifelt auch am Nutzen, wenn das Bad nur wenige Wochen im Jahr geöffnet hätte.

Die Sozialdemokraten tendieren derzeit eher dazu, ein Flussbad lediglich als Teil des Gesamtplans für die innerstädtische Isar zu betrachten. Die Grünen wiederum sind klar dafür, weil es kaum ökologische Bedenken gibt. Bedenken hat allerdings die ÖDP. Schon vor drei Jahren warnte Stadtrat Tobias Ruff, dass die Isar ein gefährlicher Fluss mit stark schwankender Fließgeschwindigkeit sei. Das Baden nach Hochwasser sei gefährlich, weil dann Abwässer direkt in der Isar treiben.

Woher stammt die Idee?

Eigentlich ist sie schon sehr alt. 1898 gab es schon eine riesige Wasserrutsche auf Höhe des Müllerschen Volksbads, und auf Bildern aus den Dreißigerjahren sieht man Hunderte Münchner, die ganz selbstverständlich in der Isar beim Wehrsteg baden. Seit einigen Jahren setzen sich vor allem die Grünen für ein Flussbad ein, um die innerstädtische Isar für die Münchner erlebbarer zu machen. Der Verein Isarlust ist bis heute der größte Fürsprecher außerhalb des Stadtrats. Auch Umweltreferentin Stephanie Jacobs ist von den Plänen begeistert: "Ein Isarflussbad ist eine großartige Bereicherung für die Naherholung in unserer Stadt."

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