Iris Berben im Literaturhaus:Eine unbequeme Lesung

Buch mit Botschaft: Iris Berben liest im Literaturhaus die Lebensgeschichten von drei mutigen Frauen. Für die Zuhörer ist das manchmal kaum zu ertragen.

Sarina Pfauth

Iris Berben hat keine Lust. Die Fotografen, die ins Literaturhaus gekommen sind, drängeln sich vor dem Podium, auf dem Iris Berben an einem kleinen Tisch sitzt. Sie lächelt zwar, aber so widerwillig, dass das Publikum im Saal Mitleid mit der Schauspielerin hat. "Da können wir aber froh sein, dass wir nicht prominent sind", sagt eine Frau im grünen Strickpulli, die das Blitzlichtgewitter von ihrem Platz im hinteren Drittel des Saals aus verfolgt. "Jetzt langt's aber", sagt ihre Nachbarin, "jeder weiß doch, wie die Berben aussieht".

Iris Berben im Literaturhaus: Will an diesem Abend nicht im Mittelpunkt stehen: Iris Berben im Literaturhaus.

Will an diesem Abend nicht im Mittelpunkt stehen: Iris Berben im Literaturhaus.

(Foto: Foto: Stephan Rumpf)

Wenige Sekunden später müssen die Fotografen den Saal verlassen. An diesem Abend will Iris Berben ganz offensichtlich nicht im Mittelpunkt stehen, das merkt man nicht nur an ihrer Unlust den Fotografen gegenüber. Iris Berben trägt ein sehr schlichtes, schwarzes Oberteil, die Haare hat sie locker zum Pferdeschwanz zusammengenommen, sie ist kaum geschminkt.

Die richtige Stimme

Die Bühne soll heute anderen Frauen gehören - den Heldinnen ihres Buches. Iris Berben liest aus "Frauen bewegen die Welt" vor. Zusammen mit Nicole Maibaum hat sie 24 Frauen interviewt, die durch ihr Handeln und ihren Mut auffallen. Das Buch stellt die Lebensgeschichten der Frauen vor, die für Berben Heldinnen im Kampf gegen Leid, Armut und Ungleichheit sind.

Iris Berben hat die richtige Stimme für ihre Geschichten: tief, voll, klar artikuliert. Sie liest eindringlich, malt mit ihren Worten Bilder im Kopf. Es sind nicht immer schöne Bilder.

Die erste Lebensgeschichte, die Iris Berben an diesem Abend vorliest, ist diejenige von Esther Mujawayo, die im Völkermord von Ruanda ihren Ehemann, ihre Eltern und Geschwister verlor. Nach dem Genozid wollte sie am liebsten tot sein - aber Esther Mujawayo entschied sich für das Leben, bis heute hilft sie anderen Überlebenden des Genozids, kämpft für die Rechte der Witwen in Ruanda und für die medizinische Versorgung der Tausenden Frauen, die während des Völkermords von ihren Vergewaltigern mit HIV infiziert wurden.

Die Geschichte von Esther Mujawayo schockiert. Die Gewalt, die Mujawayos Familie erlebt hat, ist selbst beim Zuhören kaum zu ertragen. Iris Berben gibt dem Publikum und sich selbst ein paar Minuten Zeit, um das Gehörte zu verarbeiten. Sie legt das Gesicht in die Hände und wartet.

Keine leichte Kost

Auch die nächsten beiden Biografien sind keine leichte Kost. Auch sie handeln von Frauen, die bereit sind, ihr Leben zu riskieren, um Unrecht und Leid entgegen zu treten: Silvana Fucito, eine italienische Mama und Frau eines Unternehmers, hat Mitglieder der Camorra nach einem Brandanschlag angezeigt und kämpft seitdem furchtlos gegen die Mafia. Die Gynäkologin Monika Hauser kümmert sich in Kriegs- und Krisengebieten um vergewaltigte Frauen.

Die Frauen, die Berben in ihrem Buch portraitiert, sind beeindruckend, keine Frage. Etwas enttäuschend war, dass Berben nur Frauen vorgestellt hat, die mittlerweile im Rampenlicht stehen - alle drei Protagonistinnen sind für ihr Engagement vielfach ausgezeichnet worden.

Bei der dritten und letzten Geschichte, die Iris Berben vorliest, scheint es einigen der zumeist weiblichen Zuhörerinnen langweilig zu werden. Einer blonden Frau fallen die Augen zu, die dunkelgelockte Dame schräg vor ihr schaut mehrmals auf die Uhr. Vielleicht ist es aber auch das Gefühl, selbst nicht genug gegen das Unrecht in der Welt zu tun, das die Frauen abschweifen lässt. Denn die Botschaft, die Berben mit ihrem Buch weitergeben will, ist ebenso klar wie unbequem: "Die Frauen gehen und gingen einen geraden Weg. Für mich sind sie Vorbilder, und deshalb liegt es mir am Herzen, dass auch Sie mehr über sie erfahren", schreibt Berben in ihrem Vorwort. Dass viele sich ein Beispiel an diesen Heldinnen nehmen, ist auch ihr Anliegen für diesen Abend.

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