Invasion der Tiere und Pflanzen:Na, auch neu hier?

Den Migrationshintergrund gibt es nicht nur beim Menschen, sondern auch in der Welt der Tiere und Pflanzen. Wandern neue ein, ist das manchmal eine Bereicherung - mitunter aber auch höchst problematisch. In Bildern.

Anja Perkuhn und Christian Sebald

6 Bilder

Kartoffelrose

Quelle: dpa

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Den Migrationshintergrund gibt es nicht nur beim Menschen, sondern auch in der Welt der Tiere und Pflanzen. Wandern neue ein und verändern so die heimische Artenvielfalt, spricht der Fachmann von Neozoen und Neophyten. Manchmal ist das eine Bereicherung, manchmal aber auch höchst problematisch. Dann nämlich, wenn heimische Arten verdrängt werden und so das Ökosystem aus der Balance gerät. Dann sprechen die Experten von ,,invasiven Neophyten''. In der Region machen vor allem das Indische Springkraut und die Kanadische Goldrute Sorgen. Und manche Pflanzen sind auch für den Menschen gefährlich; die Beifuß-Ambrosie beispielsweise macht Allergikern ziemlich zu schaffen.

Die Kartoffelrose, auch Apfel- oder Japanrose, ist einer der wenigen invasiven Neophyten, denen man zumindest ein paar gute Eigenschaften nachsagt. Die Pflanze, die ursprünglich aus Ostasien kommt und in Deutschland seit 1854 kultiviert wird, hat sehr große Hagebutten, die als schmackhaft gelten. Außerdem breitet sie sich über unterirdische Ausläufer aus, ihr dichtes Wurzelwerk stabilisiert so den Boden und trägt damit zum Hochwasser- und Erosionsschutz in Küstenbereichen bei.

Allerdings bedeutet das auch, dass sie sich über hektargroße Gebiete ausbreiten kann, ohne Samen verteilen zu müssen. Besonders an Küstendünen gefährdet sie so die Artenvielfalt. Die Sträucher der Kartoffelrose werden bis zu zwei Meter hoch, sie gilt als außerordentlich anspruchslos, widerstandsfähig und frosthart, weshalb sie mit ihren weißen, rosafarbenen oder pinken Blüten als Zierpflanze sehr beliebt ist. Sie wird auch an Böschungen in Wohngebieten, an Straßen und Autobahnen gepflanzt.

Giftige Pflanze in Supermarkt-Salat entdeckt

Quelle: dpa

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In der Schweiz ist das Schmalblättrige Greiskraut offiziell verboten gemäß der sogenannten Freisetzungsverordung: Niemand darf dort den mehrjährigen Halbstrauch mit den dottergelben Blüten anpflanzen. In Frankreich ist es bereits als Unkraut in Weideland und Weinberge eingedrungen.

Bei uns geht man derweil noch davon aus, dass die Pflanze keine akute Gefahr für die heimische Flora ist, beobachtet sie allerdings wegen ihres Potentials zum Aufbau von Massenbeständen, weil sie zweimal im Jahr blüht und dabei sehr viele Samen produziert - und weil die ganze Pflanze sehr giftig ist. Als Ackerunkraut ist das Greiskraut bereits in Südafrika bekannt und gelangt dort immer wieder in die Brotproduktion, was tödliche Vergiftungen bei Menschen auslösen kann. Aus Südafrika wurde das Schmalblättrige Greiskraut mit Schafwolle nach Europa eingeschleppt. In Deutschland ist ein Fund dieser Art erstmals 1889 bei einer Wollkämmerei in Hannover-Döhren belegt worden.

Flusskrebs aus der Itz

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Er ist ein anspruchsloser Bursche, der Amerikanische Flusskrebs; selbst als die Flüsse hierzulande noch stark verschmutzt waren, hat ihm das nichts ausgemacht. Die grauen oder leicht bräunlichen Tiere werden bis zu zwölf Zentimeter groß, sind gut an den rötlichen Querstreifen auf ihrem Hinterleib zu erkennen und kamen ursprünglich nur in Nordamerika vor.

Ende des 19. Jahrhunderts wurden sie von Sportfischern an der Oder ausgesetzt. Von dort aus breiteten sie sich rasant aus, so dass in Bayern nur mehr wenige Bäche in den Alpen und im Bayerischen Wald frei von ihnen sind. Die Ausbreitung des Amerikanischen Flusskrebses hat den heimischen Stein- und Edelkrebsen fast den Garaus gemacht. Denn der Flusskrebs überträgt die Krebspest, eine Pilzerkrankung, der die heimischen Arten schutzlos ausgeliefert sind. Sie stehen deshalb längst auf der Liste der gefährdeten Arten. Der Amerikanische Flusskrebs selbst ist immun gegen die Krebspest. Für Menschen ist sie ungefährlich.

Waschbär

Quelle: picture alliance / dpa

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Auch der Waschbär ist ein Amerikaner, der erst seit den 30er in Deutschland und in Bayern zu finden ist. Die bis zu neun Kilo schweren Allesfresser sind die größten Vertreter der Kleinbären. Ihr ursprüngliches Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Mexiko über die USA bis ins südliche Kanada. Die europäische Population geht auf Tiere zurück, die aus Pelztierfarmen oder Gehegen entkamen oder ausgewildert wurden.

Vor allem Jäger sind nicht gut auf den Waschbär zu sprechen. So warnte erst kürzlich der bayerische Jägerpräsident Jürgen Vocke vor einer weiteren Ausbreitung der Allesfresser, träten sie doch zunehmend in Nahrungskonkurrenz zu Füchsen und anderem heimischen Raubwild. Tatsächlich werden in Bayern inzwischen einige hundert Waschbären im Jahr erlegt. Der Name kommt übrigens davon, dass die Tiere in der Gefangenschaft Futter unter Wasser halten, bevor sie es fressen. Da sie das in freier Wildbahn nicht tun, dürfte es eine sogenannte Leerlaufhandlung sein.

WESPENSPINNE

Quelle: DDP

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Für Zoologen ist die Wespenspinne ein Paradebeispiel dafür, wie der Klimawandel die Ausbreitung neuer Arten begünstigt. Ursprünglich kamen Wespenspinnen nur im Mittelmeerraum vor. Seit den 40er Jahren wurden sie am Rhein, am Main und in der Umgebung von Berlin gesichtet - an Orten also, wo es vergleichsweise mild ist. Seit nun die Sommer immer wärmer werden und die Winter immer kürzer, treten Wespenspinnen überall in Deutschland auf.

Während die Männchen klein und unscheinbar sind, sind die Weibchen groß und prächtig - vor allem wegen ihres gelb-weiß gestreiften Hinterleibes mit den schwarzen Querbändern. Daher rührt auch ihr Name, ähnelt die Zeichnung doch der von Wespen sehr stark. Die Wespenspinnen bauen ihre Netze meist in nur 20 bis 70 Zentimetern Höhe über dem Boden und ernähren sich von Heuschrecken und allen möglichen Insekten. Wie alle Spinnen töten sie ihre Beute durch Gift. Für Menschen sind Wespenspinnen ungefährlich.

Biene auf Indischem Springkraut

Quelle: picture-alliance/ dpa

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Es ist eine purpurrote, rosafarbene und manchmal auch weiße Blütenpracht, die sich dieser Tage an vielen Bachläufen entlangzieht. Doch vielen Naturfreunden ist sie ein regelrechter Graus. Nicht weil die Blüten bisweilen richtig unangenehm süßlich riechen. Sondern weil das Indische Springkraut für sie der Inbegriff des aggressiven Neophyten ist, der sich mit ungeheurem Tempo ausbreitet und heimische Bachpflanzen wie das Mädesüß oder das Weideröschen verdrängt.

Bis 1839 kam das Indische Springkraut nur im Himalaya und in Nordostindien vor. Dann wurden einige Stauden als Zierpflanzen nach England importiert. Schon elf Jahre später wurden die ersten wilden Springkraut-Stauden auf dem europäischen Festland entdeckt. Die rasante Ausbreitung liegt auch daran, dass eine einzige Staude in ihren Samenkapseln bis zu 4000 Samen produziert, die sie dann bei der geringsten Berührung einer Kapsel bis zu sieben Meter weit schleudert - daher auch der Name Springkraut.

© SZ vom 22.08.2011/tob
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