sueddeutsche.de: Sie haben nach der Schule Feinmechaniker gelernt und waren danach Soldat, Lkw-Fahrer, Kellner, DJ.
Fierek: Ich habe als Feinmechaniker gemerkt, dass ich mit meinem Beruf nicht weiterkomme als bis zur Werkbank nebenan - aber das hat mir nicht gereicht. Ich wollte immer Leuten gefallen. Ich wollte raus in die Welt. Als ich mir das erste Mal leisten konnte, mit dem eigenen Motorrad nach Amerika zu fliegen, war ich gleich drei Monate weg. Als das Geld ausging, habe ich auf Farmen eben Zäune repariert und Heu umgeschichtet für sieben Dollar am Tag. Ich denke, es gibt keine Grenzen - die macht man sich nur selbst.
sueddeutsche.de: Herr Fierek, Sie haben ein großes Kreuz um den Hals hängen. Ist das Schmuck oder ein Glaubensbekenntnis?
Fierek: Gott gibt es wirklich! Das Kreuz habe ich immer an, mir ist der Glaube sehr wichtig. Außerdem habe ich einen Medizinbeutel um meinen Hals hängen, den hab ich von meinem Medizinmann.
sueddeutsche.de: Ihrem Medizinmann?
Fierek: Ja, das ist ein Cheyenne-Indianer aus Tombstone, Arizona. Er heißt Hawk, ist Anfang 60 und hat nicht mehr viele Zähne im Mund. Er ist aber sehr vital. Immer wenn ich ein Projekt habe, rufe ich ihn an oder fahr vorbei und frage um Rat. Und dann sagt er mir: "Du, da gibt es Probleme, aber das schaffst du, sei auf der Hut" und so weiter. Und dann hat er mir dieses Beutelchen mitgegeben. Da ist ein Kristall drin, der soll mich unterstützen, bei allem Unbill.
sueddeutsche.de: Wie haben Sie diesen Medizinmann kennengelernt?
Fierek: Über einen anderen Freund, der auch Indianer ist. Der hat gesagt: Du schaust nicht gut aus, geh mal zum Hawk. Ich fuhr hin und wir haben Kaffee getrunken. Das hat acht Stunden gedauert. Und dann hat er gesagt, er sieht, dass ich sehr viel Schmerzen hatte. Dabei wusste er gar nichts von meinem Unfall! Er sagte: "Es wird alles gut, don't worry." So kam es.
sueddeutsche.de: Sie hatten 2003 einen sehr schweren Motorradunfall. Es muss ein schwerer Schock gewesen sein, danach im Krankenhaus aufzuwachen?
Fierek: Meine erste Frage war: Kann ich wieder Motorrad fahren? Eigentlich wollte ich aber wissen, ob mein Bein noch dran ist, weil ich das am Unfallort nicht mehr sehen konnte. Meine Frau hat gesagt: Ja, das wird alles wieder. Das war erst einmal beruhigend. Als meine Frau und die Ärzte dann weg waren und ich nachts alleine dalag, da habe ich mir gedacht: Wolfgang, du hast jetzt ein Problem. Das musst du wieder hinkriegen. Ich wollte wieder genau so leben wie vorher, und vielleicht sogar noch stärker und besser sein.
sueddeutsche.de: Und?
Fierek: Es stimmt! Ich merke, wie Kräfte und Instinkte in mir gewachsen sind, die ich vorher nicht hatte. Und gewisse Ängste sind einfach weg, denn schlimmer kann es nicht mehr werden. Es gibt Zeiten, in denen man wirklich verzweifelt ist. Wenn man keine Kraft mehr hat in der Reha, wenn man kotzt vor lauter Erschöpfung - es geht trotzdem weiter. Die Zeit tickt.
Im nächsten Abschnitt: Was man verliert, wenn der Geldbeutel schmäler wird.