Interview mit Gisela Schneeberger:"Ich lach' ständig"

Schauspielerin Gisela Schneeberger über Alltagskomik, Gerhard Polt und wieso sie sich für ihre Rollen gerne "schiach" herrichten lässt.

Thomas Thieringer

Die Schauspielerin Gisela Schneeberger ist aktiver denn je, so scheint es: Im vergangenen Jahr hat sie gleich mehrere Filme gedreht, und von Ende Februar an spielt sie in der neuen Vorabendserie "Franzi" des Bayerischen Fernsehens mit . Bekannt wurde sie vor allem durch die Fernseh-Serien "Fast wia im richtigen Leben" mit Gerhard Polt oder "Monaco Franze" mit Helmut Fischer, mit Filmen wie "Kehraus", "Man spricht Deutsh", aber auch und auf der Bühne der Kammerspiele mit "München leuchtet", "Diridari" oder "Tschurangrati". Ein Gespräch über die Kunst der Komik und das Tragische.

Interview mit Gisela Schneeberger: Gisela Schneeberger lacht oft - auch über sich selbst: "Weil ich mich manchmal selber genau so beknackt finde oder auch irgendwelche doofen Sachen mache."

Gisela Schneeberger lacht oft - auch über sich selbst: "Weil ich mich manchmal selber genau so beknackt finde oder auch irgendwelche doofen Sachen mache."

(Foto: Foto: Catharina Hess)

SZ: Haben Sie heute schon mal gelacht?

Schneeberger: Ich lach' ständig.

SZ: Worüber?

Schneeberger: Über Alltagskomik.

SZ: Was ist da so komisch?

Schneeberger: Ich kann da keine philosophische Abhandlung liefern, aber ich beobachte Menschen und denke, die wollen jetzt irgendwas hermachen und erfüllen das nicht. Komisch ist doch die Differenz zwischen Sein und Schein.

SZ: Man kann sich darüber ja auch das Maul zerreißen.

Schneeberger: Ich tu das nicht. Ich lach' ja oft auch über mich, weil ich mich manchmal selber genau so beknackt finde oder auch irgendwelche doofen Sachen mache.

SZ: Ein Hang zur Selbstironie?

Schneeberger: Aber Selbstironie nur privat. Die habe ich gerne mit mir alleine.

SZ: Sie lachen im stillen Kämmerlein über sich selbst?

Schneeberger: Ich kann auch sehr laut mit anderen über mich lachen.

SZ: Berühmt wurden Sie ja vor allem mit Komödien oder Satiren. Liegt Ihnen auch das Tragische?

Schneeberger: Ich sehe das nicht so eng, ich glaube, ich kann beides. Das habe ich in meinen Anfängerjahren am Theater in Berlin ja auch gemacht, und ich hab ja auch fürs Fernsehen einige ernste Sachen gespielt wie "Der Hahn ist tot"oder "Bin ich schön" und zuletzt 2008 "Mit einem Schlag".

SZ: Ihre komische Seite hat sich mir stärker eingeprägt.

Schneeberger: Das mag so sein. Sicher, ich bin mit zunehmendem Alter heiterer geworden. Ich weiß nicht warum, aber es ist so. Älter werden ist allerdings nicht komisch, und vor allem: Altwerden ist überhaupt nicht komisch.

SZ: Wenn man die anderen dabei beobachtet, dann vielleicht schon.

Schneeberger: Das stimmt, und gute Beobachter lachen auch gerne. Ich beobachte die Menschen gerne, weil sie mich interessieren.

SZ: Das Leben also kommt Ihnen häufig sehr komisch vor?

Schneeberger: Aber es ist nicht so, dass ich das ganz Leben lächerlich fände! Ich bin, glaube ich, sogar eher ein Pessimist.

SZ: Das überrascht mich.

Schneeberger: Ja, keiner glaubt es mir.

"Ich lach' ständig"

SZ: Weil Sie sich schon mal als unverbesserliche Optimistin geoutet haben. Auch so eine komische Diskrepanz. Halten wir fest: Komische Menschen zu spielen, das liegt Ihnen, weil sie gerne die Differenz zwischen Schein und Sein aufdecken?

Schneeberger: Ja, das ist so wie bei mir im richtigen Leben. Komisch sind immer die Widersprüche: Einer verliert seine Kontenance, wird irgendwie despektierlich, und gerade das will er vermeiden - das ist es.

SZ: Immer mal wieder wird gesagt, Sie wären für den Gerhard Polt das, was die Liesl Karlstadt für den Valentin war. Sie haben in Jo Baiers Film über die beiden mitgespielt, allerdings die Ehefrau Valentins und nicht "sein" Liesl.

Schneeberger: Also, ich will den Vergleich gar nicht zurückweisen, weil sich die Liesl Karlstadt ja wirklich auch sehr in die Bühnenarbeit mit eingebracht hat. Früher wusste man das so ja gar nicht.

SZ: Da dachte man, das sei alles allein von Valentin.

Schneeberger: Bei Gerhard und bei mir, da war es so, dass ein großer Teil der Einfälle von ihm kamen, der andere ebenso große Teil von Hanns Christian Müller, unserem Regisseur, und Kritik kam immer von mir.

SZ: Kritik an was oder an wem?

Schneeberger: Ich habe oft noch nachgebohrt, weil mir manches nicht komisch und direkt genug war. Das hat die beiden sicher oft genervt.

SZ: Sie wissen also, was wirklich komisch ist?

Schneeberger: Das ist ganz schwer zu beantworten, weil es ganz vieles gibt, was komisch ist.

SZ: Versuchen wir's doch mal anhand von Jo Baiers Film "Liesl Karlstadt und Karl Valentin".

Schneeberger: Der hat doch gar nicht den Anspruch, ein komischer Film zu sein, der will doch das Leben von Valentin und Karlstadt zeigen.

SZ: Sie sind in diesem Film die Frau Valentins, die von diesem im richtigen Leben ja hübsch betrogen wurde. Das hätte doch durchaus einiges komisches Potential.

Schneeberger: Ich habe die Rolle von Valentins Frau trotzdem gerne gespielt, obwohl da nichts Komisches erwartet wurde. Gerade abgedreht wurde "Lady like"; in diesem Film spiele ich allerdings wieder eine Frau, die älter ist als ich und ein Messie dazu: Dafür habe ich mich mit Freude wieder ganz schiach herrichten und mächtig ausstopfen lassen.

SZ.: Wie damals die Frau Waguscheit in "Kehraus"?

Schneeberger: Ich bin davon überzeugt: Wenn die Figuren optisch nicht stimmen, dann sind sie auch weniger komisch - das hat ja immer auch mit dem Charakter zu tun, das Äußere.

SZ: Befördert dieses "Ausstopfen" der Körperform auch die Lust am Spielen?

Schneeberger: Klar, da ist zunächst eine Lust am Verkleiden, und die ist wichtig. Und ich mach das auch, weil ich gerne Figuren spiele, die durch ihr Aussehen schon verletzlich und angreifbarer sind, weil sie optisch den Idealmaßen nicht entsprechen. Das bringt beim Spielen eine ganz große Erleichterung.

"Ich lach' ständig"

SZ: Wie kommen die Casting-Leute dazu, eine aufgequollene Messie-Frau mit Ihnen zu besetzen?

Schneeberger: Vielleicht, weil die wissen, was ich alles mit mir anstellen lasse. Aber ich sage ja auch den Regisseuren, wie ich in einer Rolle ausschauen will.

SZ: Das könnte man ja auch so deuten, dass Sie sich schützen durch diese Verkleidung?

Schneeberger: Das mag so auch sein, das ist dann allerdings Psychologie. Aber ich find es einfach langweilig, immer nur mich selber zu spielen. Es gab schon Zeiten und die sind nicht so lange vorbei, da habe ich zwei Drittel der Drehbücher, die mir angeboten wurden, zurückgegeben.

SZ: Jetzt aber, so der Eindruck, drehen Sie mehr als je zuvor.

Schneeberger: Vielleicht, weil ich jetzt in einem Alter bin und Rollen spiele kann, die fürs Fernsehen wegen der gealterten Zielgruppe wieder interessant sind. Und in den Redaktionen sitzen heute viel mehr Frauen als früher, die sind meist um die fünfzig und die wollen Geschichten haben, die ihrer Interessenlage entsprechen.

SZ: Von Ende Februar an zeigt das Bayerische Fernsehen die von Matthias Kiefersauer inszenierte Serie "Franzi" mit Jule Ronstedt in der Titelrolle. Sie spielen deren Mutter, eine Frau im reiferen Alter. Sie waren von dieser Arbeit sehr angetan - warum?

Schneeberger: Das ist eine schöne, schräge Rolle mit viel Humor. Die Drehbücher fand ich ganz grandios. Ein Kriterium ist für mich inzwischen, dass ich beim Drehbuchlesen immer gerne umblättere. Weil ich wissen will, wie es weitergeht. Das war bei "Franzi" so: Die Dialoge sind witzig und geraderaus, eben nicht, wie so oft, augenzwinkernd bayrisch, sondern genau. Wenn dann noch ein guter Regisseur dazukommt, und den hatten wir, dann kann nichts schief gehen.

SZ: Gibt es nach "Germanikus"auch mal wieder einen Film oder einen Theaterauftritt mit Gerhard Polt?

Schneeberger: Vielleicht mal Theater, aber das braucht gewiss viel Zeit, denn die Vorbereitungen dauern bei Gerhard Polt immer sehr lang. Ich würde schon gerne mal wieder Theater spielen, aber nicht als Gast an einem Theater, sondern nur in einer Gruppe, wie bei den Kammerspielprojekten damals, mit Leuten, die man mag. Bei gegenseitigem Vertrauen kann im Spielen viel mehr entstehen, denn dann kann man sich auch ganz viel trauen.

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