Marius Diab steigt auf den Baumstumpf, zieht die Plane zurück und bittet hinein. In seine Jurte, selbst gebaut, aus Holz und Planen. Halb zwölf am Mittag, ein warmer Tag im Winter, den Ofen wird er noch nicht anschüren müssen. Diab, 26 Jahre alt, trägt einen Wollpulli, die Haare nach hinten gelegt. Er sieht aus wie einer der Männer in den Läden im Glockenbach, die sich gerne so geben, als kämen sie gerade vom Feld. Der Unterschied: Bei Marius Diab stimmt es.
Er hat München verlassen, um in diesem Zelt zu wohnen, auf dem Grund eines Bauern in der Hallertau, mit Freunden bewirtschaftet er einen Hektar Land. Er lebt das einfache Leben, von dem so mancher Großstädter träumt.
Er versucht aufzustehen, wenn die Sonne aufgeht. Er geht aufs Feld raus, wenn der Himmel hell ist. Wenn es regnet, kocht er Äpfel ein oder sortiert Saatgut. Diab unterscheidet nicht mehr zwischen Werktag und Wochenende, "ich habe versucht immer dienstags frei zu machen, aber das hat von Anfang an nicht funktioniert", sagt er im Interview. Dann nämlich passte gerade am Dienstag das Wetter.
Schon als Diab noch in München lebte, als Student an der Kunstakademie, versuchte er auf fast jeden Konsum zu verzichten. Er hat nachts in den Mülltonnen der Supermärkte gegraben, hat sich von dem ernährt, was andere wegwarfen, und in der Stadt die Plattform Foodsharing mit aufgebaut, um gegen die Verschwendung von Lebensmitteln anzukämpfen.
An der Decke seiner Jurte trocknet an diesem Tag Johanniskraut, das brüht er zu Tee, legt die Pflanze manchmal in Öl ein, um kleine Wunden einzusalben. "Mein Lebensstil macht die Welt besser, sonst würde ich es nicht tun", sagt er auf dem Boden seiner Jurte, gefertigt aus alten Werbetafeln. Er schiebt aber auch nach, dass deshalb noch lange nicht jeder so leben müsse wie er. Geht es nach Diab, würden alle Menschen wieder mehr Gemüse anbauen, dann hätten auch alle wieder genug Arbeit und niemand müsste sich Gedanken machen, wer das bezahlen solle. Denn die Natur würde einen bezahlen. So wie bei ihm, in der Hallertau.