Internationale Hundeausstellung in München:Hunde auf dem Catwalk

Das Zeug zum Supermodel: In der Münchner Olympiahalle räkeln sich Hunde geschmückt mit Strass, Schleifen und Sonnenbrillen. Andere essen getrocknete Schweinsohren und werden mit Haferbrei-Shampoo gewaschen.

Gregor Haschnik

Die chinesische Schopfhündin Min betritt zum ersten Mal einen Laufsteg. Doch schon nach wenigen Schritten auf dem pinkfarbenen Weichboden beweist das winzige Tier, dass es das Zeug zum Supermodel hat: Harmonisch und elegant zugleich setzt Min eine Pfote vor die andere.

Sie schwebt geradezu über die Bühne. Das nur spärlich mit grau-weißen Haaren bewachsene Köpfchen streckt sie stolz nach oben, ab und an wandern Mins funkelnde Augen zur Seite, um die bewundernden Blicke der Zuschauer einzufangen. Ihre an den meisten Stellen nackte rosa-graue Haut ist mit einem edlen, schwarz-weiß gepunkteten Mini-Kleid bedeckt. Es stammt aus der neuesten Kollektion der Hundemodedesignerin Jasmin Renner.

Die Fotografen liegen Modell Min zu Füßen und entfachen ein Blitzlichtgewitter. Noch eine letzte Pose am Ende des Laufstegs: ein laszives Räkeln des ranken Körpers. Danach flitzt Min mit ihrem Frauchen hinter die Bühne zum Umziehen.

Der Schauplatz: Internationale Hundeausstellung in der Olympiahalle. Insgesamt 20 000 Besucher haben am Wochenende Showeinlagen verfolgt, sich über Hunderassen informiert, Fressalien für ihren vierbeinigen Freund gekauft oder mit ihm am Schönheitswettbewerb teilgenommen.

Min war ausschließlich als Modell für Designerin Jasmin Renner im Einsatz. Eine Premiere, aber keine ungewohnte Situation. Schließlich verfügt Min über einen riesigen Kleiderschrank. Unzählige Kleider, Anzüge und T-Shirts finden sich darin. Pechschwarze und babyblaue. Aus Angorawolle und aus Frotté. Mit Strass, Schleifen und Pailletten. ,,Wir sind eben beide eitel'', gesteht Frauchen Astrid Falk. Abfällige Kommentare in Bezug auf ihr tierisches Modebewusstsein prallen an der Züchterin ab: ,,So, wie Gott sie geschaffen hat, würde Min zittern vor Kälte und krank werden.''

Kuru, ein lappländischer Rentierhütehund, legt nicht so viel Wert auf sein Outfit. Dafür rettet er Menschenleben. Wenn Menschen vermisst werden, schlägt seine Stunde. In der Olympiahalle hat die Rettungshundestaffel des Bayerischen Roten Kreuzes so einen Notfall nachgestellt: Ein Bauarbeiter ist von einem Gerüst gefallen. Nun liegt er unter einem Berg von Pappkartons begraben.

Die Rettung schwebt von der Hallendecke. Langsam seilt sich Frank Singer ab - zusammen mit Suchhund Kuru, der in einem schwarzen Tragegeschirr steckt. Kaum gelandet, fordert Singer seinen Schützling mit einem kurzen Kommando auf, die Witterung des Verschütteten aufzunehmen.

Kuru schnüffelt und schnüffelt und bleibt schließlich vor dem Kartonberg stehen. Kurz darauf stürzt er sich in die braunen Pappkartons und hat den Verletzten im Nu freigescharrt. ,,Wir sind ein eingespieltes Team und verstehen uns blind'', sagt Singer, der Kuru aufgezogen hat und mit Ausdauerläufen fit hält.

Während Kuru und seine Artgenossen in der Arena ihre Künste darbieten, informieren eine Etage höher Vereine über die Eigenarten des Neufundländers, des Bayerischen Dachshundes, des Beagle oder des Basset Hound. ,,Keine Sorge, der Basset Hound ist sehr kinderlieb. Aber auch sehr stur: Wenn er etwas nicht tun will, streikt er einfach'', klärt Barbara Kissling vom Basset-Hound-Club eine junge Familie auf.

Ein paar Meter weiter bieten Händler ihre Ware feil. Der Hundebesitzer und sein Liebling finden hier alles, was sie brauchen, und was sie nicht brauchen, aber trotzdem unbedingt haben müssen.

Mit ihren Schnauzen in ihren Näpfen versunken, probieren Hunde die unterschiedlichsten Köstlichkeiten: Rinderdörrfleisch, getrocknete Schweinsohren und das angeblich ,,wertvollste Hundefutter der Welt, garantiert ohne Schlachtabfälle.'' Diverse Nahrungsergänzungsmittel versprechen, die Gesundheit des Vierbeiners zu optimieren. Zur Kräftigung von Sehnen und Bändern empfiehlt ein Händler eine Mischung aus dreißig Kräutern.

Außerdem gibt es: Sonnenbrillen, Haferbrei-Shampoo, Lederhalsbänder mit echten Diamanten, Halstücher, gackernde Gummihühner, Hundesofas mit Leopardenmuster und Porzellanurnen mit dem Konterfei des verblichenen Lieblings. ,,Der Markt wächst und wächst. Kaum zu glauben, dass wir noch vor wenigen Jahren eigentlich nur Futter verkauft haben'', sagt Händler Bernhard Gorny. ,,Zur Zeit sind vor allem Hundemode und -sport angesagt.''

Der Frisbee-Freak

Wie Hund und Halter gemeinsam Sport treiben können, zeigt Sabine Bruns derweil in der Arena: Aus den Lautsprecherboxen dröhnt Rockmusik von AC/DC. Bruns wirft eine rote Frisbeescheibe durch die Halle. Border-Collie Why wetzt pfeilschnell hinterher, springt ab und fasst die Scheibe sicher mit ihren Vorderzähnen. Dann wirft Bruns den Teller in die Höhe, mit der Rückhand oder lässt ihn einfach fallen. Und Why saust, hechtet über sein Frauchen, springt an ihr hoch - und fängt jedes Mal die Frisbeescheibe. ,,Stöckchen werfen und holen war uns auf die Dauer zu langweilig'', erzählt Bruns. Inzwischen ist sie Europameisterin in ihrer Disziplin, auf ihrer Brust prangt das Logo eines großen Futterherstellers.

Der erste Tag der internationalen Hundeausstellung nähert sich dem Ende. Die Schönheitswettbewerbe in den einzelnen Gruppen sind gelaufen, die kleinen silbern schimmernden Pokale sind verteilt. Nun gilt es noch, den Tagessieger zu bestimmen. Einer der Anwärter: Zwerglanghaardackel Danny aus Tschechien, amtierender Weltmeister.

Danny ist ein Profi: Obwohl er schon seit dem frühen Morgen auf den Beinen ist, folgt er brav Herrchen Thomas Wastiaux, der Bewegungsablauf ist flüssig und harmonisch. Der Preisrichter mustert Danny noch einmal mit kritischem Auge. Danach begutachtet er ihn tastend, um zu prüfen, ob Dannys lange Mähne irgendwelche Schönheitsfehler kaschieren soll.

Wenige Augenblicke später reckt Wastiaux routiniert lächelnd den Siegerpokal in die Höhe. Das Geheimnis des Erfolges ist eher unspektakulär: ,,Gute Ernährung, viel Auslauf und eine souveräne Präsentation im Wettkampf'', sagt der Halter. Reich gemacht hat dieser Sieg Danny und Wastiaux übrigens nicht, denn es gibt kein Preisgeld. Doch mit jedem Titel wird Danny wertvoller und begehrter, und zwar als Vater.

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