Interaktives Hörspiel:Kleine Nähe aus großer Distanz

Interaktives Hörspiel: Abstand halten gilt auch für die Buhlschaft und Jedermann, nicht nur für den Tod (von links: David Hang, Markus Böker, Diana Marie Müller).

Abstand halten gilt auch für die Buhlschaft und Jedermann, nicht nur für den Tod (von links: David Hang, Markus Böker, Diana Marie Müller).

(Foto: Chris Hirschhaeuser)

Im Hofspielhaus wird in den kommenden Wochen gespielt und musiziert - alles coronatauglich. Den Anfang macht Hugo von Hofmannsthals "Jedermann", den Georg Büttel im Innenhof in Szene setzt.

Von Cora Wucherer

Was nehmen wir mit, wenn wir gehen? Eine Frage, mit der Corona jedermann täglich konfrontiert. Und eine, die sich Hugo von Hofmannsthals "Jedermann" stellt. Im Stück schickt Gott den Tod, um Jedermann, einen reichen Lebemann, zu holen. Von Geld, Freunden und seiner Buhlschaft verlassen, muss er sich mit seinen Taten auseinandersetzen. 1911 verfasst, birgt der Stoff eine universelle Aktualität, dachten sich Hofspielhaus-Intendantin Christiane Brammer und Regisseur Georg Büttel im Herbst 2019. Sie planten eine Münchner Version, einen bayerischen "Jedermann".

Dann kam Corona, doch sterben lassen wollten sie ihre Idee vom zeitgemäßen "Jedermann" nicht. Die Alternative: ein theatrales Live-Hörspiel. Die Zuschauer (auf 28 limitiert) sitzen und speisen mitten im Spektakel auf der Freilichtbühne im Hof des Theaters. Als Teil von Jedermanns Tischgesellschaft hören und erleben sie das Theaterstück. Büttels ursprüngliche Inszenierungsidee baute auf einem Konzept der Nähe auf. Eine Reduktion auf nur drei Schauspieler - Markus Böker als Jedermann, Diana Marie Müller als Buhlschaft und David Hang als Tod - macht die Intimität notwendig. Jetzt aber, wo die Buhlschaft den Jedermann nicht einmal küssen darf, muss die Nähe etwas Anderem entspringen - dem Text.

Für das Hörspiel arbeitet Regisseur Büttel mit Klängen und Tönen, bleibt textnah und auf das Wesentliche konzentriert. Auf eine Stunde hat er den "Jedermann" eingekürzt, um ihn coronatauglich zu machen. Etwas Neues, der Situation angemessenes zu schaffen, ohne die Kunst dabei zu verraten, das ist das Ziel der Intendantin Christiane Brammer. "Ich möchte, dass die Leute wieder Theater haben", sagt sie. Theater bekommen Interessierte im Hofspielhaus nicht nur beim Jedermann: 40 Vorstellungen sind in den kommenden Wochen geplant. Bei freiem Eintritt finden unter dem Motto "Theater für alle" Aufführungen in der Passage neben dem Hofspielhaus sowie auf dem Platz vor der Kirche St. Anna im Lehel statt. Zu sehen sind unter anderem das Familienmusical "Der Sängerkrieg der Heidehasen" von James Krüss und Jazzkonzerte. Eine Anmeldung ist nicht nötig. Brammer möchte diejenigen Menschen anlocken, die unter der Leere der geschlossenen Clubs und abgesagten Großkonzerte leiden: "Meine große Hoffnung ist, dass die Leute jetzt auf die kleinen Sachen blicken."

Jedermann. Ein Hof-Hör-Spiel, Premiere: Donnerstag, 9. Juli, 20 Uhr, weitere Termine: Sa., 11., So.,19., Sa., 25., Fr., 31., Sa.,01. August, Mi., 5. bis Fr. 07. August, Sa., 12. September, So., 13., Fr., 25., So., 27. September, Hofspielhaus, Falkenturmstraße 8, Telefon 089 24209333, www.hofspielhaus.de

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