Integration:Computerkurse als Teil der Überlebensstrategie

Computerkurse für Flüchtlinge in München

Die Malteser bieten Flüchtlingen Kurse an, bei denen Freiwillige Computerkenntnisse vermitteln, beim Lebenslauf und bei der Jobsuche helfen.

(Foto: Charles Nouledo)
  • Ehrenamtliche helfen Flüchtlingen im Malteser-Zentrum, indem sie ihnen ihnen Computerkenntnisse vermitteln.
  • So werden sie bei der Suche nach einer Ausbildung oder Arbeit. unterstützt.
  • Doch die Kurse sind viel mehr als die Vermittlung von Fachwissen.

Von Charles Nouledo

Pierre Michot setzt sich mit Yasmin Issa an einen Rechner. "Mit F1 können Sie immer die Hilfe abrufen", erklärt er der jungen Frau, die aus Syrien geflohen ist und nun in München lebt. Michot arbeitet ehrenamtlich als Computer-Trainer, er hilft Flüchtlingen im Malteser-Zentrum, vermittelt ihnen Computerkenntnisse und unterstützt sie so bei der Suche nach einer Ausbildung oder Arbeit. "Mit F2 können Sie eine Datei umbenennen. Aber wir haben gerade noch keine Datei zum Umbenennen", sagt Michot.

Dafür haben sie reichlich Gesellschaft. Viele kommen in das Zentrum am Sendlinger Tor, Helfer wie Flüchtlinge, manche bleiben, manche gehen wieder. Es ist ein offenes Angebot, das die Malteser jeden Dienstag und Donnerstag anbieten. In einer Eins-zu-Eins-Betreuung vermitteln Helfer den Geflüchteten EDV-Kenntnisse. Die Malteser München haben eine eigene Fachstelle aufgebaut, um die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt zu fördern. Sie vermitteln Mentoren, nehmen Kontakt zu Firmen auf, begleiten den Bewerbungsprozess und bieten die kostenlosen Computerkurse an.

An einem Rechner im Nebenzimmer erstellt ein Trainer gemeinsam mit einem Flüchtling einen Lebenslauf. Wichtige Begriffe übersetzen sie ins Englische wie: "Zur Person", "Schulbildung" oder "Sonstige Aktivitäten". Neben ihnen sitzen die Münchnerin Melanie Moses und der Ugander Ham Bukenya. Diese sind bereits etwas weiter fortgeschritten: Sie suchen nach Ausbildungsplätzen im Internet und werden bei einer IT-Firma im Allgäu fündig. Ihre Freude ist jedoch von kurzer Dauer, denn zwei Fragen beschäftigen sie: Geht die Bewerbung auch ohne Asylanerkennung? Und wie bekommt man seine ausländische Schulzeit angerechnet? Solche Fälle bespricht der Malteser-Hilfsdienst München mit seinen Projektpartnern wie Stay Welcome oder dem Bildungsinformationszentrum BIZ.

Die Malteser-Mitarbeiterin Sophie Hédon hat für die Flüchtlinge das Mentoring-Programm als Startrampe ins berufliche Leben ausgearbeitet: "Wir haben uns dabei gefragt: Was braucht man unbedingt zum Überleben in Deutschland?" Es sei naheliegend, dass gute EDV-Kenntnisse und Ausbildung oberste Priorität haben. Das Programm ist Teil des Integrationslotsendienstes (ILD), der seit 2016 vom Bundeskanzleramt gefördert wird. In dem Mentoring-Zentrum haben bisher 44 Freiwillige 25 Flüchtlingen zu einem Zertifikat im Computerkurs verholfen.

Sophie Hédon hat für den Kurs einen Lehrplan erstellt, der in Modulen aufbereitet ist. Dazu zählen Word, Excel und Powerpoint. Innerhalb von acht Wochen sollte der durchschnittliche Kursteilnehmer sein Zertifikat erworben haben. Doch das ist nur der Plan: "Den Trainern steht es frei, das zu vermitteln, was sie gerade beim Flüchtling für wichtiger halten", erklärt Koordinatorin Hédon. Nach der Erfahrung von Trainer Claas Meiners, Informatikstudent an der Technischen Universität (TU) München, ist Flexibilität besonders wichtig: "Es gibt einige, mit denen man direkt mit komplexeren Programmen wie Excel anfangen kann. Und es gibt andere, die sich sehr schwer damit tun, mit einer Maus umzugehen." Doch er sei sehr beeindruckt, wie engagiert und lernwillig die Flüchtlinge seien.

Die Kurse vermitteln nicht nur Computerwissen

Zum Beispiel der junge Afghane Ali H., der seinen richtigen Namen nicht nennen möchte. Obwohl er bereits einen EDV-Kurs abgeschlossen hat, kommt er gerne ins Zentrum. "Vor dem Kurs konnte ich vor allem Videos auf Youtube schauen", sagt er. Jetzt fühle er sich für sein nächstes Etappenziel gerüstet: eine Ausbildung als Kfz-Mechatroniker. Auf Ali H. trifft eine weitere Beobachtung zu, die Trainer Meiners gemacht hat: "Die Einzelkurse gehen weit über die reine Vermittlung von Fachkenntnissen hinaus. Sie erstrecken sich auf Sprache und Kultur und helfen den Flüchtlingen, sich in der Gesellschaft besser zu orientieren." Viele Münchner sehen es ähnlich wie Meiners und kommen ins Zentrum, um zu helfen. Wohl auch deswegen, weil viele von ihnen selbst Ausländer sind: aus Frankreich, den Niederlanden oder Nigeria.

"Mit der Escape-Taste können Sie jederzeit einen Vorgang abbrechen", erklärt Michot der Syrerin Issa. Doch die ehemalige UN-Mitarbeiterin hat keinen Abbruch im Sinn. Im Gegenteil. Sie hat Pläne für die Zukunft. Issa möchte auch in Deutschland ihren Beruf als Krankenschwester ausüben. Auch ihrer kleinen Tochter zuliebe.

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