Innenansicht:Ein Soli für Bus und Bahn

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Studenten leisten doch ohnehin schon einen Millionenbeitrag für den Nahverkehr - reicht das etwa nicht, um das Semesterticket zu erhalten? Angesichts der vielen Pannen ist es ja schon solidarisch, überhaupt einen Fahrschein zu kaufen

Von Thomas Anlauf

Es muss eine ziemlich vertrackte Rechenaufgabe sein. Seit drei Jahren starren Experten der Deutschen Bahn, der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), der Bayerischen Oberlandbahn (BOB) und des Münchner Verkehrsverbunds (MVV) auf Zahlen. Sicherheitshalber haben sie vor einem Jahr noch eine externe Expertise erstellen lassen, ob und wie es sich rechnet, das Münchner Semesterticket. Herausgekommen sind zwei Ergebnisse: Für die 100 000 Münchner Studenten ist es ein gutes Angebot, für die Verkehrsunternehmen nicht. Sie finden, sie zahlen drauf.

Also rechnen wir mal: Alle, die an einer Münchner Hochschule studieren, zahlen pro Semester 62,50 Euro, ob sie nun die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen oder nicht. Solidarbeitrag nennt man das, damit die armen Verkehrsunternehmen nicht zu sehr schlucken müssen, wenn sie Studenten zwischen 18 und 6 Uhr befördern. Dafür bekommen die Unternehmen rein rechnerisch 6,25 Millionen Euro pro Halbjahr. Das Aufpreisticket gibt es für 157,60 Euro je Semester, das kaufen sich drei Viertel aller Münchner Studenten. Macht 11,8 Millionen Euro, zusammen also mehr als 18 Millionen. Für die Personenbeförderer scheinen das aber Peanuts zu sein.

Ihre Rechnung: Wenn ihr so günstig durchs Studentenleben gondelt, müssen die anderen Fahrgäste oder der Steuerzahler draufzahlen. Aber entrichten die Studenten nicht schon einen Solidarbeitrag? Was denn noch? 50 Prozent mehr? Nein, so viel bestimmt nicht, versichert MVV-Chef Alexander Freitag. Aber ein bisschen mehr Solidarität mit den klammen Bus- und Bahnbetreibern wäre schon wichtig, finden Freitag und seine Kollegen. Nur mal kurz anders gedacht: Wenn man all die Zeit, die Millionen Fahrgäste der Region unfreiwillig in verspäteten oder kaputten Zügen verbringen, zusammenzählt und als Arbeitsausfall berechnet, käme eine hübsche Summe heraus. Dass die Fahrgäste trotzdem nicht regelmäßig schwarz fahren, radeln oder aufs Auto umsteigen, könnte man eigentlich auch als Solidarbeitrag für Bus und Bahn verbuchen.

© SZ vom 21.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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