Initiative:Kostenlos, nicht umsonst

Der "Kulturraum" vermittelt Tickets an bedürftige und behinderte Menschen

Von Christiane Lutz

Ein Besuch im Theater, in der Oper oder einem klassischen Konzert ist für viele Menschen in München unerschwinglich. Obwohl vor allem die städtischen und staatlichen Theater und die Oper stark subventioniert werden - 30 Euro aufwärts für einen Theaterabend sind nicht selten. Kunst kostet nun mal Geld. 2011 hatte Sabine Ruchlinski die Idee, den "Kulturraum München" zu gründen, einen gemeinnützigen Verein, der kostenlos Eintrittskarten für Veranstaltungen an Menschen mit geringem Einkommen vermittelt.

Das Angebot in Anspruch nehmen können zum Beispiel Alleinerziehende, Familien mit niedrigem Einkommen, alte Menschen, die in Armut leben, bedürftige Menschen mit Migrationshintergrund und Menschen mit Behinderung. Sie alle nennt der Kulturraum "Kulturgäste". Der Verein arbeitet mit 250 Partnern zusammen, die ein kleines Kontingent an Tickets für eine bestimmte Veranstaltung zur Verfügung stellen. Darunter sind große Institutionen wie das Residenz- und das Volkstheater, aber auch kleine Theater und Popkonzertveranstalter wie Propeller Music.

Wer Kulturgast werden möchte, meldet sich beim Kulturraum an und gibt an, für welches Genre er sich besonders interessiert. Einer der ehrenamtlichen Mitarbeiter ruft alle paar Wochen an und gibt die Termine durch, für die Tickets vorhanden sind, und klärt die Frage, ob der Kulturgast allein oder mit Begleitung kommen möchte. Es gibt, zum Beispiel für Geflüchtete, auch die Möglichkeit, sich von einem sogenannten Kulturpaten begleiten zu lassen. Der Kulturgast holt seine Karte einfach an der Abendkasse ab.

Inzwischen arbeiten sieben Festangestellte und mehr als 170 Ehrenamtliche für den Kulturraum, Sabine Ruchlinski ist noch immer die Vorsitzende. Der Verein ist in der Stadt gut vernetzt und arbeitet mit 520 Partnern aus dem Sozialbereich zusammen, die Kontakte zu möglichen Kulturgästen erst herstellen.

Dem Kulturraum geht es um mehr als bloße Inhaltsvermittlung. Kultur, das ist die Haltung des Vereins, kann Menschen aus der Isolation bewegen, Kultur darf Event sein, auch mal Ablenkung von Alltagssorgen. Viele Menschen, die das Angebot wahrnehmen, haben ihre Wohnung seit Monaten abends nicht verlassen und sind allein über die Tatsache beglückt, dass sie sich aufraffen. Bis August 2018, also in den siebeneinhalb Jahren seines Bestehens, hatte der Kulturraum sagenhafte 92 500 Tickets vermittelt - die meisten davon aus den Bereichen Klassik, Kinder und Theater.

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