Impressionen aus Inges Karotte:Zaubermäuse und Campari-Hütchen

Inges Karotte in der Baaderstraße sieht nur auf den ersten Blick wie eine ganz normale Eckkneipe aus. Das Lokal ist Münchens älteste noch existierende Lesbenbar. Ein Besuch im Glockenbach, wie es früher einmal war.

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Inges Karotte

Quelle: afis

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Wer wissen will, wie das Glockenbach einmal war, ist in Inges Karotte in der Baaderstraße richtig. Münchens älteste noch existierende Frauenbar ist so etwas wie ein Relikt aus vergangener Zeit. Einer Zeit, in der homosexuell sein noch den Makel des Verruchten hatte und im Glockenbachviertel weniger hippe Yuppies mit Kinderwagen und mehr Paradiesvögel lebten.

Inges karotte

Quelle: afis

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Auf den ersten Blick sieht der Laden aus wie eine ganz normale Eckkneipe. Eine geschmackvolle allerdings. Das Licht ist gedimmt, der kleine Raum wird von dunklem Grün und Orange dominiert, im Hintergrund laufen alte Liebesschnulzen. Es gibt einen Spielautomat, ein paar Bücher.

Inges karotte

Quelle: afis

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An der langen Theke werden Kirschlikör und Campari-Hütchen serviert, oft auch literweise Wodka. Für Vieltrinker gibt es eigene Namenslisten, auf denen Wirtin Inge, klein, zierlich, rothaarig, die lange elektrische Zigarette in der einen Hand, ein Glas Weißwein in der anderen, mit dem Getränkeabhaken kaum hinterher kommt.

Inges Karotte, Lesbenbar, München

Quelle: Anna Fischhaber

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Ein Rollo schirmt den Laden gegen neugierige Blicke von außen ab - nicht immer war lesbisch sein so einfach wie jetzt. "Früher war das ein Knaller, jetzt ist es nichts mehr besonderes", sagt Stammgast Renate, weit über 70, die mit einem Weißbier an der Theke sitzt und wie alle Stammgäste hier nur mit "Engelchen" oder "Zaubermaus" angesprochen wird.

Inges Karotte, Lesbenbar, München

Quelle: Anna Fischhaber

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Die Stammgäste, das sind vor allem alleinstehende Frauen und schwule Pärchen. Am Wochenende, wenn in der kleinen Bar bis morgens getanzt und gesungen wird, verirren sich auch viele "Stadtteiltouristen" hierher, wie Inge die Nachtschwärmer aus dem Viertel nennt. Nur die Bilder von küssenden Frauen verweisen darauf, dass die Karotte eine Frauenbar ist - und oft muss die Wirtin den neuen Gästen erklären, wo sie hier eigentlich gelandet sind.

Inges karotte

Quelle: afis

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Früher war das anders. Jahrelang hat Inge nur Frauen reingelassen. Manche Männer waren darüber so sauer, dass sie der Wirtin drohten, die Scheibe einzuschlagen. Wild ging es damals zu, erinnert sie sich. Inge hat schon viele Liebschaften gesehen, die an ihrer Bar begonnen und geendet haben. Und auch manchen unschönen Streit, der in Haareziehen und Schlägen endete.

Inges karotte

Quelle: afis

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"Damals brauchte man noch viel Mut, um sich händchenhaltend öffentlich zu zeigen", sagt Inge. Heute könne man überall Frauen kennenlernen. "Das ist natürlich toll, aber andererseits gibt es praktisch keine lesbische Szene in München mehr." Im Carla in der Buttermelcherstraße ein paar Meter weiter, ebenfalls ein Frauenlokal, ebenfalls mehr als 30 Jahre alt, hat man gerade Abschiedsparty gefeiert. Und auch Inge, 65, denkt ans Aufhören. So recht glauben will ihr das aber noch niemand.

© sueddeutsche.de/afis
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