Immobilienmarkt:Münchner Monopoly

Wer spielt mit am Münchner Immobilienmarkt und wer gibt wieviel Geld aus: Eine Typologie der Investoren - vom bescheidenen Häuslebauer bis zum Vertreter eines millionenschweren internationalen Pensionsfonds.

Michael Tibudd

München, die Stadt des Immobilienwahnsinns: Im vergangenen Jahr haben Investoren hier fast drei Milliarden Euro in Büroimmobilien gesteckt. Doppelt so viel wie im Jahr zuvor. Investitionen an der Isar sind zwar sehr teuer, gelten aber als extrem sicher. Wer kauft was für wie viel Geld? Eine Typologie des Immobilieninvestors in München, von privat bis institutionell, von regional über national bis international - auch wenn die Grenzen sich nicht immer scharf ziehen lassen.

Münchner Fassadenpreis, 2011

Nicht ganz billig: schöne Altbauten.

(Foto: Catherina Hess)

Normalverdiener - bis 400.000 Euro

Miete zahlen bis ans Ende des Lebens? Wen diese Perspektive erschaudern lässt, der wird den Kauf einer Wohnung oder eines Häuschens anstreben. Eigenkapital, Zinssatz, Tilgungsrate - für die meist größte Investition des Lebens wollen viele Faktoren berücksichtigt werden. Häufig reicht im teuren München das selbst erarbeitete Geld nicht aus, um überhaupt einen Kredit zu bekommen.

Schon in diesem Segment lässt sich der Wohnungskäufer deswegen typischerweise von seinen Eltern sponsern. Die Kreditraten bleiben immer noch eine Belastung; beim Abstottern kann man sich dann noch viele Jahre lang über die Konkurrenz ärgern, die den Kaufpreis nach oben getrieben hat: Denn private Kapitalanleger suchen häufig genau den gleichen Typ Immobilie.

Topverdiener und Erben - bis 2 Millionen Euro

Topverdiener und Erben - bis 2 Millionen Euro

Dieses Segment ist noch klar von privaten Käufern und Investoren geprägt. "Je näher man an eine Million rankommt, desto größer ist meist der Teil, den die Eltern beisteuern", sagt Marcus Lütgering vom Immobilienberatungsunternehmen Jones Lang LaSalle. Warum mit der Erbschaft warten, wenn der Nachwuchs jetzt schon etwas davon haben kann?

Lenbachgärten in München, 2009

Die Lenbachgärten am Hauptbahnhof sind schon eine exklusive Kategorie.

(Foto: Stephan Rumpf)

Altbau mit schönem Stuck, Wohnung mit Dachterrasse und schönem Ausblick, viel Platz, vielleicht auch im Garten: In dieser Größenordnung lassen sich schon eine ganze Menge Ansprüche erfüllen. Ein ordentliches Jahreseinkommen von 50.00 oder 60.000 Euro reicht dafür freilich längst nicht mehr.

Reiche aus der Region - bis 10 Millionen Euro

Reiche aus der Region - bis 10 Millionen Euro

Real-Markt in München, 2009

Für 10 Millionen Euro wird schon mal ein ganzer Supermarkt gekauft.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Die wirklich Reichen kommen. Für ein paar Millionen Euro mag sich manchmal noch der Vorstand eines Dax-Konzerns eine Villa gönnen. Wenn es in Richtung der zehn Millionen geht, wird die Luft aber auch für solche Topverdiener dünn. "Hier geht es um echte Vermögensverwaltung", sagt Fachmann Lütgering.

Ein erfolgreicher Unternehmer könnte hier zum Zug kommen, der seine Firma für viel Geld verkauft hat. Oder wohlhabende Familien arbeiten an der Vermehrung und Sicherung ihres Reichtums, der oft schon seit Generationen besteht - die Fachleute nennen das Family Office. Für zehn Millionen Euro lassen sich dabei nur noch selten einzelne Wohnungen oder Häuser finden. Meist geht es um ganze Wohnblocks - oder aber auch mal um einen Supermarkt, etwas Mischung im Portfolio schadet nie.

Apropos: Wer in dieser Kategorie investiert, steckt in der Regel nicht all sein Geld in einen Komplex. Die Immobilie ist nur eine von mehreren Anlageformen, das Gesamtvermögen dieser Investoren dürfte also bei mindestens 40 bis 50 Millionen Euro liegen. In der Regel neigen Anleger in dieser Größenordnung übrigens zur Heimattreue: Sie sind von hier - und kennen sich auch bestens aus in der Region. "Diese Leute verfügen über ein exzellentes Netzwerk am Ort und wissen genau, was wo wie viel wert ist", sagt Marcus Lütgering.

Versicherungen - 10 bis 20 Millionen Euro

Versicherungen - 10 bis 20 Millionen Euro

Immobilienmarkt: In den Investionsbereich bis 20 Millionen Euro fallen mittelgroße Wohnanlagen und Bürokomplexe.

In den Investionsbereich bis 20 Millionen Euro fallen mittelgroße Wohnanlagen und Bürokomplexe.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Die reichen Privatleute bekommen Konkurrenz von Versicherungen und Pensionskassen - sogenannten institutionellen Anlegern also. Die suchen ständig Objekte, mit denen sich das Vermögen der Einrichtung halten lässt und die zumindest eine Minimalrendite abwerfen.

In der Regel haben solche Investoren ganz Deutschland im Blick und bemühen sich auch um eine regionale Mischung bei der Anlage. Dabei gilt für Investoren die Devise: Je mehr München man kauft, desto schwieriger ist es, eine gute Rendite zu bekommen. In München braucht man bei großen Wohngebäuden im Schnitt die Mieteinnahmen von 22 Jahren, um die Anfangsinvestition reinzuholen.

Zum Vergleich: In Augsburg schafft man das in 14 Jahren; auch bei Bürogebäuden gibt es ähnliche Unterschiede. Dafür sind die Einnahmen in München so gut wie sicher, Mietausfälle sind selten. Üblicherweise fallen in diesen Bereich mittelgroße Wohnanlagen oder Bürokomplexe.

Spezialfonds - 20 bis 30 Millionen Euro

Spezialfonds - 20 bis 30 Millionen Euro

Medienbrücke und Kultfabrik in München, 2011

Geschäftsgebäude wie die Medienbrücke am Ostbahnhof sind eine Sache großer Einzelanleger.

(Foto: Stephan Rumpf)

Hier kommen namhafte Investmentgesellschaften ins Spiel. Die Union Investment der Volksbanken- und Raiffeisengruppe zum Beispiel oder die Deka-Bank, das Pendant der Sparkassen. Diese legen einen Fonds auf, etwa mit sicheren Büroimmobilien in Deutschland. Dafür sammeln sie bei institutionellen Anlegern, also den Pensionskassen, Stiftungen oder Versicherungen, größere Beträge ein.

Das Gesamtvolumen solcher Fonds liegt typischerweise bei 200 bis 300 Millionen Euro. Im Sinne der Risikostreuung liegt die Obergrenze für einzelne Objekte bei etwa 30 Millionen Euro. Meistens kommt das Geld in diesem Segment dabei noch aus Deutschland.

Im vergangenen Jahr lieferten sich mehrere solcher Fonds ein Bieterrennen um die Medienbrücke, das quer liegende Hochhaus nahe dem Ostbahnhof. Es gewann - untypisch in dieser Kategorie - ein Privatinvestor. Das Beispiel zeigt: Es gibt die Ausnahmen von der Regel, "die Kategorien sind nicht immer ganz starr", sagt Stephan Kippes, Marktforscher beim Immobilienverband IVD.

Das Ausland kommt - 30 bis 70 Millionen Euro

Das Ausland kommt - 30 bis 70 Millionen Euro

Karlstraße 39, München, Carmen Wolf

Für 50 Millionen Euro kaufte die Credit Suisse die Karlshöfe für einen Fonds.

(Foto: Carmen Wolf)

Kleinvieh macht viel Mist: Offene Immobilienfonds ermöglichen auch weniger Vermögenden, in Immobilien zu investieren; in diesen Fällen stecken also meist sehr viele Anleger nicht die ganz großen Summen in solche Fonds - deren Manager kaufen dann aber typischerweise in dieser Größenordnung ein.

Der Großteil dieses Geldes kommt aus Deutschland, aber auch das europäische Ausland schaut hier auf München: So kaufte die Credit Suisse für einen Fonds, der auf extrem sichere Immobilien setzt, für etwa 50 Millionen Euro die Karlshöfe, einen Bürokomplex an der Karlstraße. Andernorts treten in dieser Kategorie seit der Finanzkrise 2008 übrigens verstärkt reiche Privatleute aus den arabischen Ölstaaten auf, gerade in London haben sich seither viele stattliches Immobilieneigentum zugelegt.

Beobachter stellen auch hier fest: Die Privaten kaufen dort, wo sie sich auskennen - nicht wenige der neuen Investoren haben in London studiert. Arabische Absolventen von TU und LMU gibt es nicht in vergleichbarer Anzahl, "leider", wie Marcus Lütgering sagt, der als Deutschlandchef fürs Büroinvestmentgeschäft bei Jones Lang LaSalle von mehr arabischem Geld auf dem Münchner Markt profitieren würde. Das Geld könnte aber bald kommen: München ist schließlich seit Jahren ein begehrtes Reiseziel für arabische Touristen - und womöglich hat sich mancher schon eine Immobilie ausgesucht.

Internationale Großinvestoren - 70 bis 100 Millionen Euro

Internationale Großinvestoren - 70 bis 100 Millionen Euro

Rieger-City, 2006

Internationale Fonds kaufen Brummer wie den Riegerblock.

(Foto: CATH)

Ein Gebäude für 80, 90 oder 100 Millionen sucht im Normalfall nicht der Investor ums Eck. Einzelinvestitionen in dieser Größenordnung tätigen meistens Fonds, die Geld aus aller Welt sammeln und dafür nur absolute Bestlagen in europäischen Großstädten kaufen. Ein Einkaufszentrum in Paris, ein Bürobau in London, ein Komplex in München - nach diesem Schema und mit dieser tatsächlich internationalen Herangehensweise suchen die Fondsmanager auf dem ganzen Kontinent nach geeigneten Immobilien.

Beispiel ist das Altstadt-Palais, das ein amerikanischer Pensionsfonds kaufte. Die internationale Ausrichtung ist auch deswegen nötig, weil in einer Stadt selten gleich mehrere Gebäude dieser Größenordnung auf dem Markt sind, man muss also an vielen Orten suchen. Vereinzelt konkurrieren in dieser Preisklasse auch noch offene Fonds: Der Rieger-Block ging Ende 2011 jedenfalls für 100 Millionen Euro an einen solchen Fonds der Schweizer UBS.

Seltene Flugzeugträger - über 100 Millionen Euro

Einkaufszentrum PEP in München, 2011

Ein amerikanischer Rentenfonds zahlte 408 Millionen Euro für das Neuperlacher Einkaufszentrum Pep.

(Foto: ANGELIKA BARDEHLE)

Seltene Flugzeugträger - über 100 Millionen Euro

Zu groß für Verallgemeinerungen: Deals in dieser Liga sind selten, und was hier gehandelt wird, bezeichnen selbst hartgesottene Immobilienspezialisten gerne mal als "Flugzeugträger". Erstaunlicherweise gab es Ende 2011 gleich zwei von diesen Riesengeschäften: Die zur Schörghuber-Gruppe gehörende Bayerische Hausbau kaufte der Hypo-Vereinsbank ihre bisherige Zentrale an der Kardinal-Faulhaber-Straße ab, die Rede ist hier von einer Investitionssumme im unteren dreistelligen Millionenbereich.

Teuer war auch das Einkaufszentrum Pep in Neuperlach - ein amerikanischer Rentenfonds legte dafür 408 Millionen Euro hin, damit handelte es sich um einen der größten Deals in Deutschland, zumindest im Jahr 2011. Investoren, die so etwas stemmen können, sind rar gesät - finden sich und suchen aber grundsätzlich auf der ganzen Welt.

Schörghuber - lokale Ausnahme

HypoVereinsbank Gebäude in der Münchner Innenstadt, 2011

Die HVB-Zentrale ist nur eine Großimmobilie der Schörghuber-Gruppe.

(Foto: Stephan Rumpf)

Schörghuber - lokale Ausnahme

So sehr sich Muster bei verschiedenen Größenordnungen beobachten lassen: Ein Spezialist und Platzhirsch auf dem Münchner Immobilienmarkt will nicht so recht dazupassen: Die Schörghuber-Gruppe sprengt mit ihrem Besitz alle Maßstäbe.

Ihr gehören so prominente Gebäude wie das Rondell am Stachus oder das Hugendubel-Gebäude am Marienplatz, und gelegentlich schlägt der milliardenschwere Konzern einfach noch einmal zu - wie eben bei der HVB-Zentrale als Käufer, oder indem er in der Fußgängerzone einen großen Neubau errichtet, wo früher der Karstadt am Dom war.

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