Immobilien:Wie Reiter mit der Immobilienbranche um günstige Wohnungen ringt

Neubaugebiet "Alte Messe" in München, 2015

Wohnhäuser im Neubaugebiet auf dem alten Messegelände an der Schwanthalerhöhe.

(Foto: Catherina Hess)
  • Statt 30 Prozent sollen Investoren in Zukunft 40 Prozent neugebauter Wohnungen als geförderten Wohnraum zur Verfügung stellen.
  • Die Immobilienwirtschaft kritisiert, dass bei diesen Plänen die Mittelschicht vergessen werde.

Von Dominik Hutter

Die Stadt München will den Anteil preisgünstiger Wohnungen in Neubaugebieten erhöhen. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) verhandelt derzeit mit Vertretern der Wohnungswirtschaft über einen höheren Pflichtanteil an gefördertem Wohnraum - statt der bisherigen 30 Prozent sollen die Investoren bald 40 Prozent der neu gebauten Häuser dafür zur Verfügung stellen.

Die Unternehmer laufen Sturm gegen den Plan. Da die verbilligten Apartments letztlich über den Kaufpreis der frei verhandelbaren Wohnungen subventioniert würden, müssten sich Immobilienkäufer auf höhere Kosten einstellen, warnt Patrick Slapal vom Bundesverband Freier Wohnungsunternehmer Landesverband Bayern. "Da wird die Mittelschicht vergessen."

Die Gespräche, bei denen bislang keine Einigung erzielt wurde, sind Teil der Reform der sogenannten sozialgerechten Bodennutzung (Sobon), eines bundesweit beachteten Modells, mit dem die Stadt München Investoren an den Kosten für Straßen, Kindertagesstätten, Schulen und eben günstigen Mietwohnungen beteiligt. Dafür müssen die Bauherren bis zu zwei Drittel des Gewinns aufwenden, der durch neu geschaffenes Baurecht entsteht.

Reiter richtet sich auf harte Verhandlungen mit den Wirtschaftsvertretern ein. "Wir können das nur gemeinsam machen", erklärt der SPD-Politiker, politische Alleingänge seien bei einem so wichtigen Thema wie dem Wohnungsbau nicht sinnvoll. Nachvollziehen kann Reiter die Argumentation der Gegenseite allerdings nicht. Schließlich verlangten die Investoren für ihre Objekte ohnehin stets so viel, wie der Immobilienmarkt hergibt.

Der Einfluss der Sobon falle da kaum ins Gewicht. Für die nächste Gesprächsrunde hat sich Reiter einen Kompromissvorschlag einfallen lassen, bislang ein reines "Kopfmodell", wie er sagt. Demnach könne es bei dem 30-Prozent-Anteil bleiben - plus 15 bis 20 Prozent von Wohnungen, deren Mieten zwar nicht auf Sozialhilfe-Niveau zugeschnitten, aber langfristig an den Mietspiegel gekoppelt und daher für Normalverdiener erschwinglich sind. "Das wäre für beide Seiten vernünftig", hofft Reiter.

Bauherren sollen an den Folgen beteiligt werden

Parallel will das Rathaus die bürokratischen Prozesse rund um die Sobon straffen, bisher dauere alles zu lange. So soll das Berechnungsverfahren vereinfacht werden, mit dem die Stadt den Grundstückswert vor und nach der Schaffung von Baurecht ermittelt. Die Differenz ergibt den Planungsgewinn, den die Stadt für soziale und städtebauliche Verbesserungen abschöpft. Seit März 1994 ist da einiges zusammengekommen: Die Investoren haben 234 Millionen Euro für Straßen und Wege, 124 Millionen für Grünflächen und 190 Millionen für die soziale Infrastruktur überwiesen.

Oft werden auch Grundstücke unentgeltlich abgetreten - bislang unter anderem 1,2 Millionen Quadratmeter für Verkehrs- und 2,8 Millionen Quadratmeter für Grünflächen. Plus 377 000 Quadratmeter in Schulen, Kitas und anderen Gemeinschaftseinrichtungen. Das Grundprinzip der Sobon lautet: Bauherren sollen an den Folgen ihrer Planung beteiligt werden.

Die geplanten Änderungen bei der Sobon, über die der Stadtrat noch nicht entschieden hat, sind Teil der Bemühungen, den Anstieg der Mieten etwas abzuschwächen. Ein weiterer Baustein ist das milliardenschwere Förderprogramm "Wohnen in München VI", bei dem die Stadt unter anderem eigene Grundstücke verbilligt für den Wohnungsbau abgeben will.

Im Gegenzug muss der Bauherr soziale Klauseln unterschreiben - 50 Prozent der Wohnungen müssen öffentlich gefördert sein, 30 Prozent sind für das auf mittlere Einkommen zugeschnittene "München-Modell" reserviert. Angesichts der seit Jahren steigenden Einwohnerzahl und des Mangels an bezahlbaren Wohnungen sei dies die richtige Antwort, lobt der VdW Bayern, in dem sich Genossenschaften und kommunale Wohnungsunternehmen zusammengeschlossen haben.

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