Süddeutsche Zeitung

Immobilien:Wie die Altstadt in Zukunft aussieht

Am Beispiel der Alten Akademie zeigt sich, wie schwierig Baumaßnahmen in der Altstadt sind. Doch viele Vorhaben bieten auch große Chancen.

Von Alfred Dürr

Der Streit über die Modernisierung der Alten Akademie und die jüngsten politischen Entscheidungen dazu haben der Debatte über neues Bauen in der Altstadt weitere Dynamik verliehen. Die Mehrheit aus CSU und SPD im Planungsausschuss des Stadtrats hatte vor kurzem beschlossen, dass an der Alten Akademie die aus der Nachkriegszeit stammenden Arkaden an der Kapellenstraße beseitigt werden können. Entlang der Neuhauser Straße soll die Passage am sogenannten Hettlage-Bau deutlich verschmälert werden.

Längst hat sich das Thema zu einem Grundsatzstreit ausgewachsen. In den vom früheren Stadtheimatpfleger Gert F. Goergens verfassten Leitlinien zum Planen und Bauen in der Altstadt, denen der Stadtrat zugestimmt hat, geht es um alle Arkaden in der Altstadt. Solche befinden sich beispielsweise außer an der Alten Akademie auch an der Maffeistraße oder am Hofbräuhaus. Bei den gerade fertig gestellten Neubauten für die Gaststätte Donisl oder das Hugendubel-Haus - beide befinden sich am Marienplatz - wurden die ursprünglichen Arkaden erhalten.

Eine Umwandlung von Arkadenflächen in Verkaufs- und Gewerbeflächen konnte bisher in aller Regel vermieden werden, wie Goergens feststellt. Der kommerzielle Druck sei jedoch inzwischen erheblich gestiegen. Für die Leitlinien bedeutet das: Die Erhaltung der Arkadenflächen in ihrer überlieferten Form müsse ein wichtiges Ziel des Ensembleschutzes sein.

Münchens Altstadt ist zwar im Hinblick auf die Arkaden nicht mit Städten wie etwa Bologna in Italien vergleichbar. Ein durchgängig angeordnetes System an solchen offenen Passagen gibt es hier nicht. Aber in der Wiederaufbauphase habe man in verschiedenen Teilen der Innenstadt bis heute öffentlich gewidmete Arkaden errichtet: "Diese bilden eine willkommene Aufweitung und Bereicherung des öffentlichen Raumes, Schutz vor Regen und Sonne und abwechselnde Raumerlebnisse", heißt es in den Leitlinien.

Welche Konsequenzen es hat, dass die Stadtratsmehrheit bei der Alten Akademie den Vorstellungen des Investors im Hinblick auf die Beseitigung oder Reduzierung der Arkaden an der Alten Akademie entsprochen hat, ist noch nicht abzusehen. Das Wort vom Präzedenzfall macht die Runde. Ladenflächen in der City sind ein kostbares Gut, das ist keine Frage. Man kenne Geschäftsleute, die sehr gerne die Durchgänge vor ihre Schaufenstern beseitigen würden, sagte Stadtbaurätin Elisabeth Merk unlängst bei der Sitzung der Stadtgestaltungskommission - Namen nannte sie allerdings nicht.

Über die Anzahl der Zentimeter bei den Arkadenbreiten müsse man nicht diskutieren, sagt Stadtheimatpfleger Bernhard Landbrecht. Es geht ihm prinzipiell darum, dass im weiteren Planungsprozess "öffentliche und private Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen sind". Bei der Alten Akademie erhofft sich der Heimatpfleger, "dass aus einem tieferen Verständnis für dieses geschichtliche Erbe eine möglichst hohe Wertschätzung für das Vorhandene entsteht".

Das stellt Planer, Architekten, Politiker und nicht zuletzt die Öffentlichkeit vor die zentrale Frage, welche Rolle der historische Hintergrund der Stadtstruktur beim neuen Bauen in der Altstadt spielt, was verändert werden kann und was bewahrt werden muss. Die hier angeführten Beispiele von aktuellen Projekten im Zentrum Münchens zeigen die verschiedenen Aspekte von Veränderungen. Vorhaben wie am Sattlerplatz, am Max-Joseph-Platz oder am Altstadtring, im Bereich des Isartorplatzes, bieten die Chance zur "Stadtreparatur".

Aus Straßenschneisen, aus bislang stadtplanerisch vernachlässigten Arealen oder aus einem der an sich schönsten Plätze in der Altstadt, der aber eine öde Verkehrsdrehscheibe ist, können attraktive urbane Räume entstehen. Und Architekten finden immer wieder Möglichkeiten, wie man Spuren der Vergangenheit an einem geplanten Neubau sichtbar macht. Die Fassadenentwürfe für das "Andechser-Haus" sind dafür ein interessantes Beispiel.

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SZ vom 12.02.2018/haeg
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