Süddeutsche Zeitung

Schwanthalerhöhe:4,85 Millionen Euro für das Döner-Haus

  • Das "Döner-Haus" an der Schwanthalerstraße 119 hat den Eigentümer gewechselt.
  • Ein Münchner Bauträger sichert sich nun die Immobilie bei einer Zwangsversteigerung für 4,85 Millionen Euro.
  • Das heruntergekommene Haus war über die Schwanthalerhöhe hinaus immer wieder Gesprächsthema. Der langjährige Leerstand war im Viertel immer wieder heftig kritisiert worden.

Von Sonja Niesmann

Ein jahrelanger Leerstand, längst von unrühmlicher Bekanntheit über die Grenzen des Stadtviertels hinaus, neigt sich dem Ende zu: Das "Döner-Haus" an der Schwanthalerstraße 119 hat einen neuen Eigentümer. Die Biermeier Bauwerte GmbH, ein Münchner Bauträger, hat das Anwesen bei einer Zwangsversteigerung für 4,85 Millionen Euro erworben. Man wolle das völlig heruntergekommene Gebäude "so schnell wie möglich abbrechen", erklärt Christof Hilzinger, der Architekt des Bauträgers, "und das Areal von Grund auf neu überplanen". Sofort können die Bagger allerdings nicht anrollen, der Ex-Eigentümer hat noch zwei Wochen Frist, um gegen den am Mittwoch verkündeten Beschluss Beschwerde einzulegen.

Seit 2005 steht die ehemalige Gaststätte Zum Riedwirt leer, in bester Lage nahe der Theresienwiese, hinter dem neuen Einkaufskomplex Schwanthaler Forum. An die letzte Nutzung als Döner-Braterei erinnert noch ein Reklameschild an der Fassade, nach dem der Volksmund das Haus nennt: "Döner macht schöner". Der jetzige Ex-Eigentümer hatte eine noch bis Ende Oktober 2019 gültige Genehmigung für den Bau eines Hotels mit Gastronomie, Tiefgarage und Wohnungen im Obergeschoss. Doch Jahr um Jahr tat sich: nichts. Die Immobilie verfiel zusehends, Nachbarn klagten über Ratten und Tauben, die Stadt sperrte zur Sicherheit der Passanten großräumig den Gehweg ab und stellte die Kosten dafür dem Eigentümer in Rechnung.

Immer wieder und zunehmend empört über den Leer- und Stillstand hakte der örtliche Bezirksausschuss nach, setzte im Januar 2018 sogar eine Sondersitzung zum Döner-Haus an. Eine Enteignung, wie auf der Bürgerversammlung 2017 mit nur einer Gegenstimme beantragt, sei rechtlich nicht möglich, erfuhren die Zuhörer dort von Vertretern der Verwaltung. Und mussten mit einer gewissen Fassungslosigkeit zur Kenntnis nehmen, wie beschränkt die Möglichkeiten der Stadt in diesem Fall sind. Zweimal habe man das nun durchgespielt, erläuterte eine Juristin der Lokalbaukommission: Zwangsgeld, Zwangsvollstreckung, Termin für die Zwangsversteigerung. Jedes Mal habe der Eigentümer in letzter Minute Geld aufgetrieben, um Schulden zu bezahlen. Auf diese Weise konnte er die Zwangsversteigerung immer wieder abwenden, so erhielt er auch mehrmals die Verlängerung der Baugenehmigung um weitere vier Jahre.

Am Mittwoch vergangener Woche aber ging die Zwangsversteigerung im Grundbuchamt an der Infanteriestraße tatsächlich über die Bühne. Nur zwei Bieter wetteiferten um die marode Immobilie. Bei einem vor drei Jahren angesetzten Zwangsversteigerungstermin war der Wert von Haus und Grundstück noch auf drei Millionen Euro geschätzt worden. Dieses Mal hatte ein Sachverständiger den Verkehrswert auf 5,4 Millionen Euro taxiert. Bei 4,85 Millionen fiel der Hammer zum dritten Mal, doch den offiziellen Zuschlag bekam Josef Biermeier an jenem Tag nicht für die Immobilie. Der Noch-Eigentümer, der den Bieterstreit verfolgte, bat überraschend um drei Wochen Aufschub, um Geld für seine Gläubiger aufzutreiben. Zugestanden wurde ihm eine Woche.

Eine Woche später, 15. Mai, 11 Uhr, verkündet die für das Verfahren zuständige Rechtspflegerin des Grundbuchamts in ihrem kleinen Büro ihren Beschluss. 20 Minuten zuvor hat der Eigentümer ihr eine Quittung vorgelegt über die Zahlung von 3300 Euro an die Stadt, die für Grundsteuer, Straßenreinigung und Entwässerung ausstehen. Außerdem präsentierte er ein Schreiben eines anderen Gläubigers, der mit einer weiteren Fristverlängerung einverstanden wäre, wenn er einen Teil der von ihm eingeforderten 200 000 Euro erhielte. Extrem angespannt, mit leiser Stimme bittet der Döner-Hausherr daher, den Zuschlag nicht zu erteilen, beziehungsweise ihm noch einmal Aufschub zu gewähren. Doch die Rechtspflegerin lehnt ab. Es gebe noch weitere Gläubiger, auch sind längst noch nicht alle Ansprüche der Stadt erfüllt: "Ich erteile den Zuschlag heute an die Biermeier Bauwerte GmbH."

"Heilfroh, dass in diese Geschichte endlich Bewegung gerät"

Das Unternehmen aus München baut vor allem Mehrfamilienhäuser, zum Beispiel an der Ernsbergerstraße in Pasing mit "eleganten Eigentumswohnungen" und an der Angerlohstraße in Untermenzing. Jüngstes Projekt war ein Gebäude an der Nymphenburger Straße 40 mit Zwei- bis Vierzimmer-Wohnungen in gehobener Ausstattung, Loggien und Dachterrassenwohnungen im Maisonette-Stil. An der Immobilie Schwanthalerstraße 119 sei man schon "seit Langem dran", sagt Architekt Christof Hilzinger.

Sybille Stöhr (Grüne), die Vorsitzende des örtlichen Bezirksausschusses, erklärt auf Anfrage, sie sei "heilfroh, dass in diese Geschichte endlich Bewegung gerät". Sie will den neuen Eigentümer möglichst bald in die Sitzung des Gremiums einladen, um sich über seine Pläne informieren zu lassen. "Das wäre natürlich eine große Chance, dort bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, den wir dringend brauchen", sagt Stöhr und appelliert schon mal an den neuen Bauherren, sich "maximal am Gemeinwohl zu orientieren". Sybille Stöhr hätte es sehr begrüßt, wenn die Stadt beim Döner-Haus mitgesteigert hätte. Der Kommunalausschuss des Stadtrats hatte sich jedoch schon im Jahr 2016, als wieder einmal eine Zwangsversteigerung anstand, denkbar knapp mit acht zu acht Stimmen entschieden, nicht mitzubieten.

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Quelle:
SZ vom 16.05.2019/jael
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