Der Mann, der sich Alex nennt, ist gut im Geschäft. Neun Ferienwohnungen bietet er auf dem Buchungsportal Airbnb an, darunter ein Appartement im New-York-Stil auf der Schwanthalerhöhe sowie eine Luxuswohnung am Prinzregentenplatz samt Jugendstilmobiliar und Swarovski-Kronleuchter. 79 bis 129 Euro müssen Touristen pro Nacht bezahlen, im günstigsten Fall, und die Internet-Bewertungen für Alex sind tadellos.
Es scheint sich zu lohnen: Der Anbieter hat jüngst expandiert, wie er selbst schreibt. Und er ist keineswegs allein. Mehr als 1000 Treffer liefert Airbnb für München. Zu teilweise noch ganz anderen Tarifen: 621 Euro kosten zwei Nächte am mittleren Wiesn-Wochenende in einem Moosacher Ein-Zimmer-Kellerappartement - für ein Doppelbett plus Matratzenlager. Der Besitzer eines Luxus-Penthouses in Haidhausen verlangt für denselben Zeitraum 2162 Euro.
Misstrauen beim Sozialreferat
Was für München-Besucher ziemlich praktisch ist, wird im städtischen Sozialreferat mit Misstrauen beäugt. Denn was Airbnb und diverse weitere Buchungsportale im Sortiment haben, steht für die Verwaltungsmitarbeiter sehr oft unter Zweckentfremdungs-Verdacht. Wohnraum muss auch als Wohnraum verwendet werden, lautet die Grundregel in München - und die Vermietung an Feriengäste fällt normalerweise nicht darunter. Der Nachweis ist allerdings schwierig, und das Personal ist knapp.
Private Zimmervermittlung:Airbnb gibt Nutzerdaten an die Staatsanwaltschaft weiter
Die New Yorker Staatsanwaltschaft hält viele Vermittlungsangebote auf Airbnb für illegal und forderte vom Portal daher die Herausgabe von Nutzerdaten. Das Unternehmen weigerte sich lange, nun haben sich die Kontrahenten geeinigt.
Die Vermieter haben also gute Chancen, ohne Konsequenzen davonzukommen. "Ich halte das Problem für gravierend", sagt Mietervereins-Chefin Beatrix Zurek, die sich nur schwer vorstellen kann, dass die Vermietung von neun Wohnungen im Einklang mit dem Zweckentfremdungs-Paragrafen steht. Aus der Perspektive von Mieterschützern sind die Ferienwohnungen weniger ein Service am Touristen als vielmehr ein unerwünschter Beitrag zur weiteren Verknappung von Wohnraum.
Zu wenige Mitarbeiter
159 illegale Zweckentfremdungen hat das Sozialreferat im vergangenen Jahr aufgedeckt. Nicht viel angesichts des fast unüberschaubaren Sortiments an Ferienwohnungen im Internet und der Tatsache, dass auch diverse andere "Fehlnutzungen" als Zweckentfremdung gelten. Bis 2011 war die Aufdeckungsrate noch etwas höher, die Abteilung ist aber nach Personaleinsparungen und längeren Krankheitspausen einiger Mitarbeiter nicht mehr so leistungsfähig, wie es sich die Sozialreferentin Brigitte Meier wünscht.
Die SPD-Politikerin will sich deshalb im Sozialausschuss am Donnerstag fünfeinhalb zusätzliche Stellen genehmigen lassen. Damit wären die "Fahnder" zwar immer noch nicht so viele wie vor der Umsetzung des Sparpakets, dem siebeneinhalb Stellen zum Opfer gefallen sind. Ein Anfang aber wäre gemacht. Schließlich wächst die Stadt weiter, und damit auch der Druck auf den Wohnungsmarkt. Meier hofft, durch die Aufstockung auf 200 zweifelsfrei aufgedeckte Zweckentfremdungen pro Jahr zu kommen. Plus 130 Verfahren mit offenem Ausgang. Eine offizielle Schätzung über eine Dunkelziffer gibt es nicht. Zurek ist aber überzeugt: "Die ist sehr hoch."
Aktuell gibt es im Sozialreferat 25,5 Stellen in der Abteilung "Wohnraumerhalt", zehn davon sind im Außendienst angesiedelt. Zu wenige, wie Meier beklagt. Schließlich ist es nicht gerade einfach, den Vermietern auf die Schliche zu kommen. Denn verdecktes Ermitteln ist verboten, die städtischen Beamten dürfen sich nicht als interessierte Touristen tarnen und einfach mal nachfragen. Dazu kommt: Die Wohnungen sind übers Internet oft nicht eindeutig identifizierbar. Mal steht keine Adresse dabei, um keine direkten Kontakte unter Umgehung des Buchungsportals zu ermöglichen. Mal sind die beigefügten Fotos falsch oder ohne Aussagekraft. Und mit Nachfragen bei den Portalen kommen die Behördenmitarbeiter oft nicht weiter - weil ihnen schlicht jede Auskunft verweigert wird.

Airbnb vor Gericht:"Sie werden uns Slumlords nennen"
Schnell mal ein paar Hundert Euro verdienen? Immer mehr Menschen bieten ihre Wohnung deshalb auf Airbnb als Urlaubsdomizil an. In New York will der Generalstaatsanwalt nun klare Regeln für die lukrative Untervermietung durchsetzen. Vor Gericht kommt es deshalb zum Showdown.
Ist eine Wohnung erst einmal entdeckt, oft auch mit Hilfe aufmerksamer Nachbarn, beginnt der steinige Weg der Beweisführung. Denn es reicht nicht aus, ein Angebot im Internet aufgespürt zu haben. Die Wohnraum-Detektive müssen im Einzelfall nachweisen, dass tatsächlich vermietet wurde. Also klingeln, um Kontakt mit den Touristen aufnehmen zu können. Die aber sind nur selten in ihrer Ferienwohnung anzutreffen, weil sie bei ihrem München-Besuch Besseres zu tun haben als den Tag auf dem Sofa zu verbringen. Und wenn sie, meist erst nach mehreren Anläufen, doch einmal den Mitarbeitern der Behörde gegenüber stehen, erweisen sie sich nach den Erfahrungen des Sozialreferats als wenig auskunftsfreudig. Für die Vermieter ist das ein großes Glück: Das Bußgeld für eine Zweckentfremdung kann bis zu 50 000 Euro betragen.
Ist Vermietung Zweckentfremdung?
Allerdings muss das Sozialreferat zusätzlich auch noch nachweisen, dass die Beherbergung von München-Besuchern tatsächlich eine Zweckentfremdung im Sinne der entsprechenden Satzung ist. Schließlich sind in vielen Wohnungen auch mal Freunde zu Gast, es gibt Wohnungstauschbörsen für Reisende sowie Praktikanten, die sich für mehrere Monate irgendwo als Untermieter einquartieren. All dies ist erlaubt, wie auch die Vermietung einzelner Zimmer in einer ansonsten selbst genutzten Wohnung.
Zweckentfremdung beginnt erst dann, wenn der größte Teil der Wohnung nicht mehr zum Wohnen genutzt wird - wobei Wohnen einen Aufenthalt über eine längere Zeit (mehr als drei Monate im Jahr) bedeutet. Am einfachsten ist es also für die Fahnder, wenn ein Objekt ganzjährig und stets für kurze Zeiträume angeboten wird. In diesem Fall handelt es sich meistens um eine Zweckentfremdung. Keine Rolle spielen für die Mitarbeiter des Sozialreferats Verstöße gegen andere Regelungen. Denn wer an Feriengäste vermietet, sollte sich zusätzlich auch mit dem Gewerbe-, dem Steuer- und möglicherweise dem Mietrecht auseinandersetzen.
Die Debatte über Ferienwohnungen ist nicht auf München beschränkt. In Berlin ärgern sich seit langem die Anwohner über die Rollkofferdichte auf Gehwegen und in Treppenhäusern. Erst kürzlich ist eine neue Zweckentfremdungsverordnung in Kraft getreten. Deren Einhaltung soll von 34 Mitarbeitern überwacht werden.