Neue Musik von IkkimelWenn Rapperinnen Partys feiern

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Alles kann, nichts muss bei der Rapperin Ikkimel. Die einzige Regel scheint zu lauten: Sie muss polarisieren.
Alles kann, nichts muss bei der Rapperin Ikkimel. Die einzige Regel scheint zu lauten: Sie muss polarisieren. (Foto: Jonas Unden)

Die deutsche Rapperin Ikkimel polarisiert mit Lyrics über Sex und Drogen. Von prüden Euphemismen ist keine Spur, stattdessen sind ihre Texte das Gegenteil von Selbstzensur.

Von Anastasia Trenkler

Eine Frau, die rappt, ist auch heute noch eine Provokation im deutschen Hip-Hop. Warum sonst gibt es so wenige? Eine Frau, die über Sex rappt – und das noch dazu unverblümt, derb, drüber und gerade deshalb erfolgreich macht –, ist ein Skandal. Lady Bitch Ray, SXTN, Katja Krasavice und wie sie alle heißen. Was ihre männlichen Kollegen selbstverständlich machen, polarisiert bei Frauen so gut wie jedes Mal.

Der aktuellste Aufreger ist die Westberlinerin Ikkimel. Mit „Keta und Krawall“ gelang ihr im September 2023 der Durchbruch. Mit ihrem Album „Fotze“ (Februar 2025) und Tracks wie „Baddie“, „Mütter“ und „Unisexklo“ legt Melina Gaby Strauß, wie Ikkimel mit bürgerlichem Namen heißt, noch einmal ordentlich nach. Dabei machen schon die Titel deutlich: Ihre Musik geht steil auf die Zwölf. Von prüden Euphemismen ist keine Spur. Stattdessen sind ihre Texte das Gegenteil von Selbstzensur, wenn die Künstlerin Sexstellungen und Drogenexzesse so beschreibt, dass sie den Hörer und die Hörerin direkt in die Darkrooms und Toiletten von Berliner Clubs katapultiert.

Musikalisch springt sie dabei von hibbeligen Elektro-Sounds („Mütter“), zu 2000er-Pop à la Black Eyed Peas („Glitzer Glitzer), und schnellen Baller-Beats („Oha“). Hyper-Pop-Hip-Hop schimpft sich das. Dabei jagt ein Party-Track den nächsten – nur die Autotune-Ballade „Herz zurück“ tanzt ungewohnt ruhig und ehrlich gesagt auch etwas langweilig aus der Reihe.

Alles kann, nichts muss bei Ikkimel. Die einzige Regel scheint zu lauten: Sie muss polarisieren.

So setzt sie etwa Männer mit Hunden gleich („Schnauze halten, Leine an, Schatz, jetzt sind die Weiber dran“) und feiert ihr Aussehen ungeniert ab („Seh’ gut aus und das weiß ich auch / Shake your hips, jetzt wird’s versaut“). Nur, um der aufgebrachten Meute dann ihren Abschluss in Deutscher Philologie, Sozial- und Kulturanthropologie unter die Nase zu halten („Baby, hab’ ’nen Bachelor und der war sogar mies gut / Ist mir nicht ma’ schwergefallen, jetzt tanz’ ich nackt in Videos“).

Das stößt freilich nicht nur auf Wohlgefallen, sondern auf Neid in der Szene und Kritik in den sozialen Medien: Eine Rapperin, die sowohl in ihrem Auftreten als auch in ihren Lyrics männliche Fantasien bedient – das soll eine Feministin sein? Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Man kann den Gehalt ihrer Texte diskutieren, nach Meta-Ebenen suchen, oder aber man lässt es bleiben.

Auf die öde Intellektualisierung ihrer Songs hat Ikkimel eh keinen Bock. Stattdessen will sie, „lustige Mucke“ machen, wie sie in Interviews sagt. Dass ihr das herrlich gut gelingt, kann man an diesem Donnerstag in der Münchner Muffathalle erleben. Dem vierten Halt von Ikkimels „Hände hoch, Hose runter“-Tour.

Ikkimel, Donnerstag, 13. März, Einlass 19 Uhr, Beginn 20 Uhr, Muffathalle, Zellstraße 4

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