Konzert von Iggy PopDer „Godfather of Punk“ euphorisiert München

Lesezeit: 2 Min.

Mit vollem Tempo durch gut 90 Konzertminuten: Iggy Pop auf Tollwood.
Mit vollem Tempo durch gut 90 Konzertminuten: Iggy Pop auf Tollwood. (Foto: Johannes Simon)

Bei seinem Auftritt auf dem Tollwood-Festival begeistert der 78-jährige Iggy Pop das Publikum – mit seiner Energie und vielen alten „Stooges“-Nummern.

Kritik von Jürgen Moises

Der perfekte Auftritt. Wie sieht der aus, bei einer lebenden Legende? Im Falle von Iggy Pop: einfach rausgehen, auf die Bühne, die dünne Weste ausziehen und beim Laufen in die Ecke feuern. Denn darauf kann man sich beim „Godfather of Punk“ auch trotz seiner inzwischen 78 Jahre verlassen: Wenn er auf der Bühne steht, dann ist er oben nackt. Sein ledriger, inzwischen in die Jahre gekommener Oberkörper ist sein Markenzeichen, genauso wie die eng anliegende schwarze Hose.

Auch musikalisch wird beim Auftritt in der vollen Musik-Arena auf dem Münchner Tollwood-Festival nicht lange gefackelt. Da geht es mit dem alten Stooges-Song „T.V. Eye“  flott los, so als gäbe es kein Morgen. Und dieses Tempo wird dann gut neunzig Minuten lang gehalten.

Von den Stooges wird an diesem mitreißenden Abend noch so einiges zu hören sein. Klassiker wie das tolle, tollwütige, von einem hämmernden Piano-Akkord angetriebene „I Wanna Be Your Dog“ vom Debütalbum von 1969. Oder „Raw Power“ von 1973. Da steckt noch der Boogie, der gute alte Rock’n’Roll drin. Denn, das darf man nicht vergessen: Die Ramones, die Sex Pistols, das kam alles später. Aber mit diesem hämmernden Sound der Stooges, da wurden die Weichen gestellt.

Nach „Raw Power“, da war es mit den Stooges aber auch schon wieder vorbei. Iggy ging 1976 mit David Bowie nach West-Berlin. Nahm mit ihm dort die Alben „The Idiot“ und „Lust For Life“ auf. „Lust For Life“, der Titelsong, ist neben „The Passenger“ bis heute Iggy Pops größter Hit.

Auftritte absolviert Iggy Pop grundsätzlich mit nacktem Oberkörper.
Auftritte absolviert Iggy Pop grundsätzlich mit nacktem Oberkörper. (Foto: Johannes Simon)

Beim Konzert auf dem Tollwood spielt er natürlich beide. Und beide hintereinander. Zusammen mit seiner siebenköpfigen Band, zu der aktuell zwei Frauen an Gitarre und E-Piano und drei schwarze Musiker an Trompete, Posaune und am Schlagzeug gehören. Also keine Alte-Weiße-Männer-Truppe, wie es die Stooges heute wären, die vor ein paar Jahren ja tatsächlich noch ein erfolgreiches Comeback hatten.

„The Passenger“, das wird im Tollwood-Zelt zum gefeierten Singalong in einer „extended version“. Mit Bläsern, die die Songs allgemein etwas veredeln, ihnen teilweise mehr Soul geben, mehr Groove, bei einigen alten Stooges-Krachern, aber auch nur ein paar unnötige Girlanden. Bei „The Passenger“ klappt das Bläser-Update jedenfalls ganz gut.

Nein, Iggy Pops aktuelle Band ist nicht mit alten weißen Männern besetzt.
Nein, Iggy Pops aktuelle Band ist nicht mit alten weißen Männern besetzt. (Foto: Johannes Simon)

Bei „Some Weird Sin“ von „Lust For Life“ hört man recht deutlich, dass die Musik hier von David Bowie stammt. Den Iggy nicht namentlich erwähnt. Aber er erzählt, dass der Song hier nicht weit weg in Deutschland entstand. Das geisterhafte „Nightclubbing“, ebenfalls mit Bowie verfasst, fängt an, wie eine schräge, unter Drogen stehende Blues-Nummer und endet im totalen Krach, im Noise. Mit „Frenzy“ und „Modern Ripoff“ gibt es auch zwei Stücke vom letzten, 2023 erschienenen Album „Every Loser“, das insgesamt auf alte Stooges-Qualitäten setzt.

Was gab es noch? „Gimme Danger“, auch von den Stooges, das vorwiegend von Iggys betörender Brummel-Stimme lebt. Oder „Death Trip“. Fast tödliche Trips, da hat der Sänger ja so einige hinter sich. Und mit seinen ganzen Eskapaden ist es fast ein Wunder, dass er noch auf der Bühne steht. Aber er steht. Mit schiefer Hüfte. Mit der wackelt er munter über die Bühne. Applaudiert dem Publikum. Bedankt sich mit „fuckin’ thank you“. Und beim abschließenden „Funtime“ von 1977 wird er zum Dirigenten. Das Stück endet mit scheinbar endlosen Akkorden und einer Art gesungenen La Ola. Und was macht Iggy Pop währenddessen? Geht einfach von der Bühne. Und ist weg. Den perfekten Abgang hat er auch drauf.

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