Hygieneskandal bei Müller-Brot:Die Kontrolleure kehren zurück

Bis vor kurzem befand sich noch Mäusekot auf der Streuselmaschine, am Montag entscheiden Lebensmittelkontrolleure, ob bei Müller-Brot wieder gebacken werden darf. Vom Ergebnis der Prüfung hängt auch der künftige Wert des Unternehmens ab.

Katja Riedel

Sie haben geputzt, geschrubbt, gebaut, fast zwei Monate lang, mit einer speziellen Hygiene-Taskforce und einem Kredit der Gläubiger. Nun stellt sich Müller-Brot in Neufahrn am Montag erneut den Lebensmittelkontrolleuren. Begutachten werden die Prüfer des Landratsamtes Freising und des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) nur Teilbereiche der 54.000 Quadratmeter großen Anlage.

Insolvenz von Müller-Brot

Am Montag prüfen Lebensmittelkontrolleure, ob bei Müller wieder Semmeln und Brezen vom Fließband laufen werden.

(Foto: dpa)

Nach SZ-Informationen waren Insolvenzverwaltung und Hygieneexperten in den vergangenen Tagen unterschiedlicher Meinung, welche Bereiche der Produktion angemeldet werden sollen und für welche anderen Betriebsteile dies zu riskant sei, weil die Abnahme scheitern könnte.

Denn je größer der Bereich ist, für den die Freigabe erteilt wird, um so mehr steigt der Wert des Unternehmens. Dies muss im Interesse des Insolvenzverwalters liegen, der Müller-Brot verkaufen will, um das Geld der Gläubiger einzutreiben. Geeinigt hat man sich nun, die relevanten Bereiche für Semmeln, Brezen, Brot und Kleingebäck von den Hygieneprüfern abnehmen zu lassen.

In einem vierstufigen Reinigungsplan mit insgesamt 70 Einzelpunkten haben etwa 350 Mitarbeiter und Hygienespezialisten Maschinen auseinander gebaut und die Einzelteile gereinigt. Nicht alle der zum Teil sehr alten Maschinen wurden wieder aufgebaut.

Als nahezu unverzichtbar gilt indes eine Anlage, die sogenannte Linie 25, eine der größten Backmaschinen Europas und weit mehr als eine Million Euro wert. Diese gehört jedoch nicht Müller-Brot, sondern der Backwelt - einer Firma aus dem Besitz von Müller-Brot-Mehrheitseigner Klaus Ostendorf, über die er den kompletten Einkauf für alle Unternehmen seiner Familie und der Miteigentümer abwickelt. Was mit der Maschine geschieht, sollte Müller-Brot von einem Investor übernommen werden, ist noch unklar.

Dass sich Reinigung und Sanierung der Hallen in Neufahrn derart langwierig gestalten, erstaunt nicht. Die Befunde, die die Prüfer allein bei den Großkontrollen am 8. Dezember 2010, am 3. August 2011 und am 20. Oktober 2011 protokollierten, umfassen 24 Seiten. Die ersten beiden Befunde sind nach SZ-Informationen weit umfangreicher als der dritte, bei dem sich aber immer noch viele Mängel zeigten, die bereits früher moniert wurden.

Schon im Dezember 2010 wurden unter anderem Korrosionen an verschiedenen Gerätschaften, Schimmelbildungen in Gärkammer, Feinbäckerei und Kistenwaschanlage, eine tote Maus im Kistenrücklauf, Schaben und Mäusekot in der Maischeanlage, Mäusekot auf der Streuselmaschine sowie Motten und Madenbefall unter einem Transportband gefunden. Die Tagesproduktion an der Schokolierungsmaschine, in der Lebkuchen mit einem Schokoguss überzogen werden, musste vernichtet werden. Auch der Kistenwaschbereich, in dem die Plastikkörbe für die Backwaren gereinigt werden, wurde gesperrt.

Zugleich wurden schon damals fehlende Türen und Abschlüsse sowie solche, die nicht sicher gegen Nagetiere schließen, angemahnt. Im August fanden die Prüfer wieder in mehreren Produktionsbereichen Verunreinigungen, Schimmel, unter anderem an einer Schaumstoffwalze an der Semmelanlage, und verschiedene Schädlinge. Eine Probe, die das LGL an einer Maschine genommen hatte, ergab, dass diese "erheblich mit Bacillus cereus belastet" war, das unter anderem schwere Durchfälle oder Erbrechen auslösen kann.

Bei dem Oktoberbesuch der Prüfer wurde die Verpackungsanlage vorübergehend gesperrt und konnte auch am Tag nach der Kontrolle noch nicht wieder freigegeben werden. Zudem wurde wieder eine ganze Reihe baulicher Probleme angesprochen. Mit dem Ergebnis der Abnahme vom Montag rückt auch der Zeitpunkt näher, an dem sich herausstellt, wie viele Mitarbeiter ihre Arbeit bei Müller-Brot verlieren werden.

Das Insolvenzverfahren wird zum 1. April eröffnet - ab da gelten neue Regeln, unter anderem ein verminderter Kündigungsschutz. Gewerkschafter und Betriebsrat befürchten, dass es viele Entlassungen geben wird. In dieser Woche haben sie einen offenen Brief an die Noch-Eigentümer Klaus Ostendorf und Michael Phillips geschrieben. Sie fordern eine finanzielle Unterstützung durch die Gesellschafter.

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