Die Flüchtlinge, die am Sendlinger Tor für ein "Bleiberecht für alle" streiken, sind nicht, wie am Montag zunächst angekündigt, in eine andere Stadt weitergezogen. Stattdessen haben sie am Montagabend ein dauerhaftes Camp am Trambahnrondell eingerichtet und sind in den Hungerstreik getreten. Die jungen Männer nehmen nur noch Wasser und keine feste Nahrung zu sich. Damit sich die Situation nicht wieder zuspitzt wie im Jahr 2014, als Flüchtlinge auf Bäume kletterten und die Polizei anrückte, um das damalige Protestlager zu räumen, hat das Kreisverwaltungsreferat (KVR) diesmal strenge Auflagen erlassen.
Polizeiangaben zufolge erweiterten die Flüchtlinge am Montag überraschend ihre dauerhafte Versammlung auf dem Vorplatz der St.-Matthäus-Kirche an. Zwei Wochen wollen sie bleiben. Das Motto ihres Protests lautet: "Bleiberecht, Stop Deportation, no discrimination in the society". Zunächst richteten sich 15 bis 20 Flüchtlinge mit Schlafsäcken im Bereich des Brunnens neben der Trambahnhaltestelle ein. Bis Dienstagabend stieg die Zahl der Protestierenden auf 65, wie Muhammad Qasim, ein Sprecher der Gruppe, bestätigte. Zuletzt zogen 30 Senegalesen in das Camp ein. Viele der jungen Männer waren bereits beim Hungerstreik im November 2014 am Sendlinger Tor dabei.
Qasim sagte, dass er und seine Mitstreiter bis zum 14. November auf dem Platz ausharren wollen, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Bis zu diesem Tag hat das KVR das Camp genehmigt, dann wird am Sendlinger Tor der Christkindlmarkt aufgebaut. Nach der Einschätzung des 23-jährigen Qasim wird sich die Zahl der "Refugees" in den nächsten Tagen weiter erhöhen, "obwohl es nachts sehr kalt ist hier". Von überall her würden Leute kommen - vor allem aus Berlin, Augsburg und dem Münchner Umland.
Den Flüchtlingen geht es nicht alleine um ein Bleiberecht, sondern auch um Gleichbehandlung. Sie verstehen nicht, warum manche arbeiten dürften und andere nicht. Sie empfinden es als ungerecht, dass "jedes Ausländeramt andere Gesetze anwende", wie der 27-jährige Adeel Ahmed schon zu Beginn des Protestes gesagt hatte. Für Muhammad Qasim ist seit dem Hungerstreik vor zwei Jahren nicht genug passiert. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hatte den Flüchtlingen nach einem zweistündigen Gespräch zugesagt, sich für schnellere Asylverfahren und bessere Bedingungen in den Unterkünften einzusetzen. Es dauere aber immer noch zu lange, bis etwas geschehe, so Qasim. Die Situation sei nach wie vor sehr schwierig für die Flüchtlinge, die während ihres Protests von einheimische Helfern unterstützt werden. Etwa 20 Linksaktivisten hätten zudem am Montag versucht, die Stimmung vor Ort mit dem Skandieren von Parolen anzuheizen, berichtete die Polizei, die ständig mit Streifenwagen vor Ort ist.
Das KVR erließ strenge Auflagen für die Versammlung. Zelte sind verboten, die erlaubten Pavillons müssen von allen Seiten einsehbar sein. Der Platz muss ständig für Vertreter des Referats für Gesundheit und Umwelt zugänglich sein. Auch die Einsatzkräfte von Rettungsdiensten und Feuerwehr dürften am Zutritt nicht gehindert werden, heißt es in dem Bescheid. Die Helfer überwachen den Gesundheitszustand der Flüchtlinge, für die auf einem Holztisch Plastikflaschen mit Wasser bereit stehen. Für den Fall, dass die Auflagen nicht erfüllt werden, hat das KVR schon vorsorglich damit gedroht, sie mit "unmittelbarem Zwang mit Unterstützung der Polizei" durchzusetzen.