Hubschrauberlärm in Großhadern:Gestörte Nachtruhe

Hubschrauberlärm in Großhadern: Die Anwohner in Großhadern können nicht gut schlafen - zu oft starten und landen Hubschrauber in der Nacht. Und das nicht nur wegen medizinischer Notfälle.

Die Anwohner in Großhadern können nicht gut schlafen - zu oft starten und landen Hubschrauber in der Nacht. Und das nicht nur wegen medizinischer Notfälle.

(Foto: Robert Haas)

Der Lärm der Hubschrauber macht die Anwohner des Landeplatzes am Klinikum Großhadern mürbe. Vor allem in der Nacht schrecken viele aus dem Schlaf. Nun haben sie eine Petition im Landtag eingereicht - die etwas eigentlich Selbstverständliches fordert.

Von Rainer Rutz

Seit mehr als 15 Jahren kämpfen Martinsrieder Bürger gegen "Auswüchse" des Hubschrauber-Landeplatzes westlich des Klinikums Großhadern. Auswüchse - das sind für sie Starts und Landungen, die nichts mit dem Klinikum und den hier untergebrachten Patienten zu tun haben und die vor allem in der Nacht die Menschen rings herum belästigen und aus dem Schlaf reißen.

Zwei Petitionen an den bayerischen Landtag haben die Martinsrieder schon eingereicht, die erste vor einigen Jahren führte zu Versprechungen, aber letztlich zu keinen wirklichen Verbesserungen, wie die Bürger beklagen. Die zweite vom Mai vergangenen Jahres bewirkte bei den Mitgliedern des Ausschusses immerhin, dass sie einen Ortstermin anberaumten, der nun noch im März stattfinden wird.

Auf Anraten von Planeggs Bürgermeisterin Annemarie Detsch (SPD) haben die Martinsrieder erstmalig die Bevölkerung befragt: Rund 6000 Haushalte in Martinsried, Gräfelfing, Neuried und Großhadern haben sie angeschrieben und um Unterstützung der Petition gebeten. 500 Flugblätter kamen unterschrieben zurück, weitere 200 anonym, weil, wie die Initiatoren behaupten, die Unterzeichner im Klinikum arbeiten und Nachteile befürchten. Setze man einen Haushalt mit durchschnittlich zwei Personen an, hätten rund 1400 Anwohner unterschrieben. Die Initiative hat die Aktenordner mit den Listen bereits den Sprechern des Petitionsausschusses, dem SPD-Abgeordneten Florian von Brunn und seinem CSU-Kollegen Martin Huber, übergeben. Jetzt hoffen sie, dass sich etwas bewegt.

Es geht nicht um die Abschaffung

Den Martinsriedern um den Onkologie-Professor Andreas Schalhorn, der selbst am Klinikum Großhadern gearbeitet hat, und den Mitstreitern Guido Löbel, Max Behr und Eva Hansmann geht es nicht um eine Abschaffung des Landeplatzes. "Selbstverständlich wissen wir, dass Notfall-Einsätze vom und zum Klinikum notwendig sind, manchmal auch in der Nacht", sagt Schalhorn. Die von der Gemeinde Planegg der Initiative zur Verfügung gestellten offiziellen Statistiken über den Flugbetrieb lassen jedoch den zwingenden Schluss zu, dass die wenigsten Flüge etwas mit den Patienten des Klinikums zu tun haben: Von 2434 Flugbewegungen im vergangenen Jahr - davon 393 in der Nacht - betrafen überhaupt nur 214 Patienten, einschließlich der Flüge zur Verlegung von Patienten. Guido Löbel zieht daraus den Schluss: "Dieser Landeplatz ist längst zu einer Drehscheibe für ganz Südbayern geworden."

Erschwerend kommt hinzu, dass "viele Notfall-Flüge aus medizinischer Sicht gar nicht notwendig sind", sagt der Krebs-Arzt Schalhorn, der jahrelang mit der Materie im Klinikum betraut war. Bis in die Mitte der 90er Jahre befand sich der Flugplatz noch auf der Seite Großhaderns, östlich des Klinikums in einer Senke. Der dortige Bezirksausschuss machte jedoch Druck und der Landeplatz wurde vor rund 20 Jahren auf die Martinsrieder Seite verlegt und ständig ausgebaut. So erhielt er eine Tankstelle und wurde, so mutmaßen die Martinsrieder, auf diese Weise immer mehr zur zentralen Versorgungsstelle für Hubschrauber-Bewegungen in ganz Südbayern und darüber hinaus. Dabei ist unbestritten, dass die Lage des Landeplatzes auch die Mediziner im Klinikum nicht zufriedenstellt: "Die Wege bis zur medizinischen Versorgung sind viel zu weit", hat Löbel bei Gesprächen im Klinikum immer wieder gehört.

Am meisten stört die Anwohner das An-und Abfliegen während der Nachtstunden zwischen 22 Uhr und sechs Uhr morgens. Offizielle Messungen der Gemeinde Planegg ergaben dabei Höchstbelastungen im Bereich von 68 bis 72 Dezibel während mehrerer Minuten. Das entspricht in etwa dem Schreien eines Menschen in unmittelbarer Nähe, dem Lärm eines Motorrasenmähers oder allgemeinem Verkehrslärm. Statistisch gesehen, passiert dies mindestens einmal pro Nacht, oft aber auch mehrere Male.

Fremdflüge sollen stoppen

Mit ihrer jüngsten Petition wollen die Martinsrieder erreichen, dass Fremdflüge, die nichts mit dem Klinikum zu tun haben, künftig nicht mehr stattfinden. Sie halten auch eine Einschränkung des Flugbetriebs in der Nacht für vertretbar, außer in gravierenden Notfällen. Der Bau des neuen Operationszentrums am Klinikum, wo noch heuer rund 50 Operationssäle praktisch ununterbrochen im Einsatz sein können, wird die Lage noch verschärfen, fürchten die Anwohner. Im Klinikum gibt es nach Informationen der Initiative Überlegungen, auch dort einen Landeplatz einzurichten.

Von solchen Überlegungen weiß Philipp Kreßirer nichts. Der Pressesprecher des Klinikums sagt, "da gibt es derzeit keine neuen Entwicklungen". Ob die Anzahl der Flüge steigen wird, wenn das neue Operationshaus gebaut wird, das bezeichnet Kreßirer als "reine Spekulation", das könne man jetzt noch nicht abschätzen.

Tatsache ist, dass in Großhadern einer von drei Intensivtransporthubschraubern in Bayern stationiert ist. Die anderen beiden haben ihren Standort in Nürnberg und Regensburg. Diese drei seien rund um die Uhr einsatzbereit zur notfallmedizinischen Versorgung. "Nicht jeder Einsatz bringt Patienten nach Großhadern, ist aber medizinisch immer notwendig", versichert Kreßirer.

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