"Zeiten & Zeichen"-Tournee:Mit Herz, Humor und Haltung

"Zeiten & Zeichen"-Tournee: Will kein Prophet sein: Hubert von Goisern.

Will kein Prophet sein: Hubert von Goisern.

(Foto: Konrad Fersterer)

Hubert von Goisern tritt mit seinem neuen Album in der Tollwood-Arena auf.

Von Michael Zirnstein

Was verbindet den Musiker Hubert von Goisern und den Buchautor Hubert Achleitner? Einmal abgesehen davon, dass es sich um ein und dieselbe Person mit derselben aufrechten Haltung handelt, gehen die beiden Persönlichkeiten doch getrennte Wege. Während also der 69-jährige Achleitner an seinem so späten wie erfolgreichen Debütroman "Flüchtig" schrieb und auf Lesereise etwa in München höchstens ein Hippie-Mantra passend zum Buch anstimmte ("In the light, in the love, in the glory ..."), hielt sich der vom Alpenrockpionier zum Weltmusikpoeten gereifte Goisern lange im Hintergrund.

Das freilich hält kein Herzblutmusiker aus. Mit dem ersten Album nach sechs Jahren, "Zeiten und Zeichen", drängte es ihn 2020 zurück. Nur auf den Bühnen mit seiner Band zu spielen, das ging wegen der Pandemie noch nicht. Und als es 2022 endlich losgehen durfte, meldete sich auf den Schlag die halbe Band krank. Corona, schon wieder. Einige Kollegen haben in solchen Fällen gleich die ganze Tour abgesagt. Goisern hätte das innerlich zerrissen. Er zog es durch, er hatte ja noch seine in München lebende Universal-Virtuosin Maria Moling (wieder frei von den Ganes) und den treuen Gitarristen Severin Trogbacher. Da rief ihn der junge Schlagwerker Christoph Sietzen an, den er gut kannte, weil er den ersten der seit 2018 verliehenen "Hubert von Goisern Kulturpreise" gewonnen hatte, und fragte, ob er für das ausverkaufte Konzert am Abend noch einen Sitzplatz für ihn habe? "Ja, auf der Bühne", antwortete Goisern, und so waren sie für einige Konzerte zu viert. Lange Pause, neue Lieder, spontane Arrangements - das war ein Wagnis. Es wurde ein Triumph. So zauberhaft, dass Maria Moling, als die Band wieder die alte war, Sietzens Marimba-Zaubereien einstudierte, zusätzlich zu ihren eigentlichen Aufgaben als Percussionistin, Thereminspielerin, Chor- und Duettsängerin - diese Frau kann ein Orchester sein.

Dank solch stützender, befeuernder Kräfte konnte Goisern ganz bei sich sein. Und ganz bei sich, da ist er auf der aktuellen Platte, die er komplett durchspielte. Die darauf überbordende Sprechgesangnummer "Freunde" über den Verrat Franz Lehárs an seinem Freund und Texter Fritz Löhner-Beda zur Nazi-Zeit wirkte etwa in Innsbruck wie für die Überwältigung im Konzert geschaffen; der neue Liebeslied-Klassiker "Dunkelrot" rührte zu Tränen, das Nina Simones "Sinnerman" nachempfundene "Sünder" weckte spirituelle "Power"; und Fröhlichkeiten wie "Eiweiß" oder "Grönlandhai" boten Goisern viel Raum zum Anekdoten-Erzählen. Ja, er plaudert derzeit sehr gerne und witzig auf der Bühne, wie Achleitner auf Lesetour. Aber ein Prophet, der wolle er nicht sein, denn die würden "geköpft und irgendwo runtergeschmissen".

Hubert von Goisern, Do., 23. Juni, 19.30 Uhr, Tollwood

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