Süddeutsche Zeitung

Hotelbar "Vier Jahreszeiten":Ein bisschen dekadent

Keine arroganten Kellner - und ein überraschend gemischtes Publikum: Die Hotelbar im Vier Jahreszeiten ist anders, als man vielleicht erwarten würde. Das nötige Kleingeld braucht man allerdings, um in den Barsesseln aus Leder entspannen zu können.

Von Andreas Schubert

Viele Bars in München sind nicht unbedingt Orte, an denen man sich entspannen kann. Was gerade angesagt ist, ist oft heillos überfüllt. Da helfen auch die Türsteher nicht mehr viel, die eigentlich ja dafür sorgen sollen, dass die Bude nicht aus allen Nähten platzt. Wer wirklich mal einen Ort sucht, an dem man guten Service in einem unaufgeregten Ambiente bekommt, der sollte es mal mit einer Hotelbar probieren. Zum Beispiel in der "Jahreszeitenbar".

Wem die netten livrierten Herren des Hotels Vier Jahreszeiten die Tür aufgehalten und den Weg in die Lobby gewiesen haben, der findet sich in einem Szenario wieder, das man als Luxus-Laie von einem Fünf-Sterne-Haus nicht unbedingt erwarten würde. Hier ist jeder Gast willkommen, sofern er sich einigermaßen gut anzuziehen (Dresscode nach Angaben des Hauses: "smart casual") und zu benehmen weiß.

Hier gibt es keine arroganten Kellner und das Publikum, das sich aus Hotelgästen aus aller Welt und zahlungskräftigen Münchnern zusammensetzt, ist ziemlich gemischt. Hier sitzen amerikanische Geschäftsleute im Armani-Anzug neben italienischen Modefreaks in kurzen Designer-Hosen, Frauen in Prada-Kostümen oder enger Jeans. Und häufig schauen auch adrett gestylte Opernbesucher auf einen Absacker vorbei.

Es ist ein Klischee, das Spaß macht. Und eines haben die Gäste gemeinsam: Sie haben alle genug Kleingeld, um sich einen Abend unter der bunten Glaskuppel der Lobby oder in der mit dunklen Holz verkleideten, an einen englischen Klub erinnernden Bar leisten zu können. Denn Preise und Qualität der Drinks in dem sehr edlen und gediegenen Ambiente mit roten oder braunen Barsesseln aus Leder entsprechen der Reputation des Hauses. So legt man für den (allerdings sehr leckeren) "Jahreszeiten Julep", der aus Sazerac Rye Whiskey, Birne, Zucker und Fee Brother's Peach Bitters zusammengemixt wird, stolze 16,50 Euro hin. Unbedingt probieren sollte man den Gin Tonic aus Hendrick's Gin, Monaco Tonic und - der Clou - Gurkeneiswürfeln. Er kostet ebenfalls 16,50 Euro.

Wer dagegen nur ein schnödes Helles von Paulaner trinkt, ist selber schuld - und muss für das 0,33-Glaserl schon 6,50 Euro hinblättern. Auch die Speisen sind weit über normalem Münchner Bar-Standard. So stehen auf der Karte unter anderem ein Filetsteak "Café de Paris" (36 Euro) oder das Classic Club Sandwich für 28 Euro.

Für Otto-Normalmünchner ist die Bar des Vier Jahreszeiten kein Ort zum wöchentlichen Ausgehen. Aber ab und zu vorbeischauen, sich vom überaus aufmerksamen und freundlichen Personal wie Captain Wichtig behandeln zu lassen, tut einfach gut. Ein bisschen Dekadenz sollte sich jeder mal gönnen.

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Quelle:
SZ vom 14.06.2013/bela
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