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Hohlmeier-Ausschuss:Stoiber unter Zugzwang

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Selbst innerhalb der CSU fragen sich immer mehr Mitglieder, wie lange der Regierungschef nach den jüngsten Erkenntnissen in der Münchner Mitgliederaffäre noch an seiner Kultusministerin festhalten will.

Mit dem Auftakt der Zeugenvernehmungen im Hohlmeier- Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags ist die 42 Jahre alte Strauß-Tochter mehr denn je ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Erstmals dringen Münchner Parteifreunde unverhohlen auf eine Entlassung der Schulministerin - und bringen damit auch Regierungschef Edmund Stoiber (CSU) unter Zugzwang.

CSU München fürchtet weitere Enthüllungen

"Sie hat uns massiv angelogen und die Unwahrheit ins Gesicht gesagt", schäumte ein Spitzenpolitiker des CSU-Stadtverbands. Bei einem Vorstandstreffen hinter verschlossenen Türen ging es nach Teilnehmerangaben hoch her - die Anwesenden machten ihrer Wut Luft.

Auslöser für den Bruch ist die Zeugenaussage der Staatsanwälte vor dem Untersuchungsausschuss. Sie hatten die Anklage im Prozess gegen mehrere Wahlfälscher vertreten. Unisono bestätigten die Ermittler nun, dass Hohlmeier schon früh von Wahlmanipulationen und "gekauften" Mitgliedern in der bis Mitte 2004 von ihr geführten Münchner CSU gewusst haben müsse. Die Ministerin hatte dies stets bestritten.

Die seit jeher von Affären und Skandalen geschüttelte Münchner CSU fürchtet nun, durch die "Causa Hohlmeier" und den gegen sie laufenden Untersuchungsausschuss monatelang nicht mehr aus den Schlagzeilen herauszukommen. "Das war doch bisher nur ein kleiner, müder Auftakt gegen das, was noch kommt", sinniert ein Vorständler.

Drahtzieher will auspacken

Schon diese Woche könnte neues Ungemach drohen. Die fünf im vergangenen Jahr zum Teil zu hohen Geldstrafen verurteilten Wahlfälscher sind an diesem Donnerstag im Stundentakt als Zeugen vor den Ausschuss geladen. Zumindest einer von ihnen hatte angekündigt, Details "auszupacken". Unangenehm für Hohlmeier könnte vor allem die Aussage eines CSU-Jungpolitikers werden, der ein Telefonat zwischen ihr und dem als "Drahtzieher" der Affäre geltenden CSU- Landtagsabgeordneten Joachim Haedke mitgehört haben will. Darin soll von Stimmenkauf die Rede gewesen sein.

SPD und Grüne halten Hohlmeier wegen der Vorwürfe schon lange für untragbar. "Eine Ministerin, die illegale Machenschaften duldet, statt sie umgehend abzustellen, hat in einem Regierungsamt schon längst nichts mehr verloren", erklärt die stellvertretende SPD- Fraktionschefin Karin Radermacher.

Rücksicht auf die Familien-Tradition

Aber auch die CSU-Stadtspitze erwartet inzwischen unmissverständlich ein Eingreifen Stoibers. "Wer Schaden von der Münchner CSU abwenden will, muss schnell handeln", sagen Vorstandsmitglieder.

"Der Stoiber wird einen Teufel tun", heißt es dagegen bei der Landtags-CSU. Hohlmeier, die Tochter des früheren bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß (CSU), habe in den Augen vieler Wählern draußen im Land nach wie vor eine große Aura. Zudem habe Stoiber der Tochter seines einstigen Ziehvaters auf dem Höhepunkt der Affäre im vergangenen Jahr ausdrücklich eine "zweite Chance" zugesagt.

Hohlmeier lehnte ein Angebot der Parteiführung ab, sich im kommenden Jahr um ein Mandat für den Bundestag zu bewerben. "Dann wäre der Untersuchungsausschuss in sich zusammengefallen", sagt ein führender CSU-Landtagsmann. "Aber diese Frau ist beratungsresistent."

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