Süddeutsche Zeitung

Hofstatt an der Sendlinger Straße:Erst Baustelle, dann Luxus

Wo einst die "Süddeutsche Zeitung" gemacht wurde, sind nun die Bauarbeiter am Werk. Bis 2013 soll die Luxusimmobilie "Hofstatt" an der Sendlinger Straße fertig sein. Ein Besuch auf der Baustelle.

Wolfgang Görl

Im Herbst 2008 verließ die Süddeutsche Zeitung ihr angestammtes Quartier in der Sendlinger Straße. Zog hinaus Richtung Osten, in die Steinhausener Pampa. Und an alter Wirkungsstätte wird nun gebaut: Die Hofstatt soll ein Luxudomizil mitten in der Innenstadt werden.

Die Räume, wo früher Redaktionskonferenzen abgehalten wurden, sind komplett entkernt, der Boden übersät mit Stahlrohren, Holzpaletten und Brettern. Leitern und Metallgerüste stehen herum, dazwischen Bauarbeiter, die hämmern, klopfen oder sich sonst irgendwie nützlich machen.

Im Herbst soll hier ein ganz anderer Geist wehen, einer, der in modischen Klamotten daherkommt, in T-Shirts, Kapuzenpullovern und Jeans, solche von der besseren Sorte, sehr trendy, sehr cool. Das US-Modelabel Abercrombie&Fitch hat vier Stockwerke des ehemaligen Redaktionsgebäudes gemietet, um einen sogenannten Flagship-Store zu eröffnen, den dritten der Firma in Deutschland.

Das Projekt "Hofstatt" brauchtl, wenn es denn erst einmal fertig und die Sendlinger Straße "aufgewertet" ist zu einer edlen Adresse, den Vergleich mit der Theatinerstraße nicht zu scheuen.

Aber noch ist die Hofstatt eine einzige Baustelle. Noch lässt sich allenfalls ahnen, wie das 11.000 Quadratmeter große Areal zwischen Sendlinger Straße, Hackenstraße, Hotterstraße und Färbergraben einmal aussehen wird

Ein wenig erinnert die Konzeption des Züricher Architekturbüros Marcel Meili&Markus Peter an die 'Fünf Höfe', zumindest wenn man am Modell die Passagen und Innenhöfen betrachtet, die das Areal gliedern.

Gewiss hätte der Bauherr, die Vermietungs- und Verwaltungsgesellschaft Sendlinger Straße GmbH&Co KG, eine Projektgesellschaft der LBBW Immobilien, viel Geld gespart, wäre er in der Lage gewesen, die gesamte Bebauung der Hofstatt platt zu machen. Aber da war der Denkmalschutz davor.

Die Druckerei aus den 20er Jahren ist ebenso geschützt wie das Redaktionsgebäude, das 1905/06 nach den Plänen des Architekten Max Littmann errichtet wurde. Wenn sich auch der Inhalt ändert - die Hüllen bleiben. Einige Details, wie etwa die Tor- und Fensterbögen des Redaktionshauses an der Sendlinger Straße, erhalten wieder ihre ursprüngliche Form.

Es fällt schwer, sich in den ausgehöhlten Stockwerken zurecht zu finden. Wo war gleich wieder die Innenpolitik? Wo das Büro des Kollegen X? Und wo der magische Paternoster, mit dem man eine Runde fuhr, wenn es galt, Schreibblockaden zu lösen? Nichts davon ist geblieben.

Im Hof, einst Parkplatz für Verleger- und Chefautos, ragt ein Kran zwischen allerlei Baumaterial empor. Wenn alle Arbeiten erledigt sind - im März 2013 soll das sein - , werden die Hofstatt-Shopper hier in einem Café den obligatorischen Latte-macchiato-Stop einlegen

Überhaupt darf man vermuten, dass die neue Hofstatt ein wichtiger Schritt ist, das angenehm verschnarchte Hackenviertel auf Hochglanz zu polieren. Man wird das Ensemble, wahrscheinlich zu Recht, als ansehnlich empfinden - und doch wird es Menschen geben, die ein weiteres Stück des alten München schwinden sehen.

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