Hörenswert:Selbst ist die Frau

Jenny Evans gelungenes neues Album "Even Without You"

Von Oliver Hochkeppel

Ein Loblied auf die "Women Of A Certain Age" singt Jenny Evans zum Einstieg in ihre neue CD "Even Without You": Die würden wissen, was zu tun ist, glaubten ans Spaßhaben, ließen einen nie im Stich, würden die Kniffe in Liebesdingen kennen, kurzum, so der Refrain: Frauen in einem gewissen Alter sind gut. Mit Blick auf Evans, nach einer mehr als vier Jahrzehnte umfassenden Karriere selbst in diesem gewissen Alter, ließe sich der Liste noch etwas anfügen: Sie können es auch alleine. Denn erstmals in ihrer Diskografie hat Evans auf "Even Without You" alle Songs selbst komponiert und alle Texte selbst geschrieben.

Nicht dass Jenny Evans nicht früh den Weg aus der Standards-Falle gefunden hätte. Von Timbre, Phrasing, Scatting und Timing her zwar eine klassische Vertreterin des Swing - wenn man nicht so weit gehen will wie einst die Zeitschrift Time, die sie zur führenden Vertreterin ihres Fachs in Deutschland erklärte -, hat sie doch ihr Repertoire Zug um Zug erweitert. Mit Klassik-Vertonungen von Dowland über Orff bis zu Dvořák, mit Pop-Adaptionen, Interpretationen von Peter-Kreuder-Songs mit eigenen Texten oder mit weltmusikalischen Ausflügen. Ihr umjubeltes Album "Nuages" stellte schon vor fast 20 Jahren dem amerikanischen ein "European Songbook" gegenüber.

Aber nicht nur musikalisch hat Jenny Evans ihren Horizont stets erweitert, sie war immer auch eine Frau des Worts. Ein Literatur- und Sprachstudium war es, das sie Mitte der Siebzigerjahre nach München führte, sie schrieb nicht nur Gedichte und über 70 Liedtexte, sie arbeitete auch als Synchronsprecherin und Schauspielerin - 1987 brachte sie es sogar zur Schimanski-Freundin im "Tatort" -, spielte Theater und Musical und ist Mitglied der Autorengruppe Munich Writers. Außerdem malt sie, und von 1985 an hatte sie sogar ein paar Jahre lang ihren eigenen Jazzclub, das legendäre "Jenny's Place" in der Georgenstraße.

All ihre Erfolge und Erfahrungen, aber auch die schweren Zeiten wie Pflege und Tod ihres unermüdlichen Mentors und Ehemanns Rudi Martini gehen nun in "Even Without You" ein, ein Album, das man, wäre es nicht so ein Klischee, sicher ihr persönlichstes nennen darf. Und auch hier zeigt sich wieder, dass Evans nie mit dem Erreichten zufrieden ist, immer neue Herausforderungen sucht. So hat sie hier nicht nur alles selbst geschrieben, sondern sich dafür auch wieder einmal eine komplett neue Band zusammengestellt. Der wichtigste "partner in crime" ist diesmal Alex Haas, nominell Bassist, der aber auch Gitarre und Banjo spielt. Er arrangierte die meisten Stücke, für sich an der akustischen und zwölfsaitigen Gitarre, Geoff Goodman an der E-Gitarre, Anna Rehker am Cello und Marcio Tubino an Saxofon, Flöte und Perkussion. Eine ungewöhnliche, stark saitenlastige und luftige Besetzung also, die dem Gesang viel Raum lässt. Und die das Album stärker als Evans frühere oft weg vom Jazz hin zu einem folkigen, selbst bei ernsten Themen noch fröhlichem Pop (im schrulligen Tom-Waits-Stil etwa erklingt "Bondage") führt, gerne auch mit Latin-Anklängen. Ein starkes Stück von einer Frau im gewissen Alter. Oder, um es ganz respektlos zu sagen: Je oller, je doller.

Jenny Evans: "Even Without You" (Edition Soundmaster); live: Mittwoch, 23. September, 19 und 21 Uhr, Unterfahrt, Einsteinstraße 42

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