Hörenswert:Radikal reflektiert

Lesezeit: 1 min

Die Münchnerin Ebow rappt über queere Liebe

Von Vivian Harris, München

Sie sind genervt, wütend und traurig. Wegen Banalitäten, würden manche sicher meinen. "Kauft euch gerne soviel Hummus und Ayran wie ihr wollt", sagt die deutsch-iranische Autorin Hengameh Yaghoobifarah, "aber tut auf Social Media nicht so, als ob ihr plötzlich Blutgruppe Ayran wärt". Der Auszug stammt aus einem Zwischenstück von Ebows Album "K4L" (2019), was für "Kanak For Life" steht und daherkommt wie eine Kampfansage. Gerichtet ist diese an alle "Almans und Cis-Heten", die kulturelle Eigenheiten und Ästhetiken mal belächelt haben und jetzt einen Lifestyle-Trend daraus machen. Ein Trend, der genauso schnell wieder abgelegt werden kann. Außer man ist Teil der ausgegrenzten Gruppe. Dann wird man halt weiter stigmatisiert.

"Ich habe sehr früh Angst in meiner Kindheit erlebt", sagte Ebru Düzgün alias Ebow einmal in einem Interview: "Das Gefühl, dass die eigene Identität angegriffen wird." Sprache nutze die 1990 geborene Musikerin daher als ihre Waffe. Sie könne sich artikulieren, wenn sie etwas als falsch empfindet. Manchmal ist das vielleicht etwas schwer verdaulich. Weil Ebow das ausspricht, was viele fühlen, aber zu selten sagen können. Weil dem oft keine Beachtung geschenkt wird. Weil man dann Selbstreflexion üben müsste. Und weil es nie nicht aktuell ist.

Verteidigt Identität und fordert Toleranz: die gebürtige Münchnerin Ebru Düzgün alias Ebow. (Foto: Joanna Legid)

Zwischen Radikalität und Reflektiertheit findet die Münchnerin mit kurdischen Wurzeln nun jedoch seit Jahren die passenden Worte, um ihre Erfahrungen mit Diskriminierung zu verarbeiten - als Postmigrantin, als Frau, die Frauen liebt, als Frau. Sie rechnet in ihrer Musik ab, mit strukturellem Rassismus, kultureller Aneignung, Frauenverachtung und Queer-Feindlichkeit. Gespickt mit popkulturellen Referenzen, viel Denglisch und Beats irgendwo zwischen Cloud-Rap und Oldschool-Hip-Hop wird Ebow als deutsches Pendant zur britischen Polit-Rapperin M.I.A. gehandelt.

Nach drei Langspielern hat die 31-Jährige vor wenigen Wochen, am Valentinstag, ihre zweite EP "Queer AF" veröffentlicht. Eine Liebesbotschaft sozusagen. Und es ist die Fortsetzung zu ihrem Kurzspieler "Ebow 400" vom vorvergangenen Jahr und besteht aus drei Songs und bislang zwei Musikvideos. "Tunnel" ist die melancholische Herzschmerz-Nummer, in "Shorty" dröhnen hingegen verzerrte 90s-Beats, und bei "Friends" treffen R'n'B und Pop-Vibes auf Garage-Sound. Es geht um Abweisung, Verknalltsein, Selbstliebe, Social-Media-Slang und Zeitgeist. Banal ist davon nichts.

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Ebow: Queer AF , Infos beim Label Tmnit Ghide und unter www.ebow4life.net

© SZ vom 09.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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