Hochsicherheitssaal:Symptomatische Peinlichkeiten bei der Münchner Justiz

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Der Hochsicherheitsgerichtssaals in Stadelheim ist erst seit kurzem in Betrieb - und sorgt schon für mächtig Ärger. (Foto: Tobias Hase/dpa)

Die missglückte Platzvergabe beim NSU-Prozess, Patzer beim Demjanjuk-Prozess oder Pannen beim Hochsicherheitssaal in Stadelheim: Die Justiz wurstelt einfach weiter.

Kommentar von Christian Rost

Die Münchner Justiz muss sich die Frage stellen: Was läuft hier eigentlich falsch? Für 17 Millionen Euro ist in Stadelheim ein Hochsicherheits-Gerichtssaal errichtet worden, der den Anforderungen nicht genügt. Schon am ersten Prozesstag zeigte sich, dass der Bau zu klein ist und falsch konzipiert wurde. Eine fehlende Abtrennung an einer Toilette in einem Haftraum stellt sicher das geringste Problem dar. Höchst verwunderlich ist, dass nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre und den zahlreichen Diskussionen um die beengten Verhältnisse in den Gerichten bei der Planung eines teuren Neubaus Räume schlicht vergessen wurden. Und das fiel nicht einmal beim monatelangen Testbetrieb auf.

Andererseits ist es für die Münchner Justiz schon symptomatisch, dass etwas nicht funktioniert oder aus dem Ruder läuft. 2010, beim Verfahren gegen den verurteilten Kriegsverbrecher John Demjanjuk, war vor dem Strafjustizzentrum für die wartenden Prozessbesucher eine "Demjanjuk-Sammelzone" eingerichtet worden. Diese Bezeichnung für den Wartebereich war ein absoluter Fehlgriff, weil es in dem Verfahren um einen ehemaligen KZ-Wächter ging. Opfer und Hinterbliebene waren zu Recht erbost.

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Von Christian Rost

Auch die Platzvergabe für Journalisten, die über den NSU-Prozess berichten wollten, geriet 2013 zu einem Fiasko. Erst gingen bei der Zuteilung der Plätze türkische Medienvertreter leer aus, obwohl acht von zehn Mordopfern der Rechtsterroristen türkischer Herkunft waren. Beim zweiten Akkreditierungsverfahren landeten dann die Anmeldungen von mehreren Journalisten im Spam-Ordner des Oberlandesgerichts, sodass sie nicht an der Verlosung teilnahmen.

Konsequenzen hatten all diese Pannen nicht. Bei der Münchner Justiz wird munter weitergewurstelt, und bei größeren Projekten wie dem Hochsicherheitssaal in Stadelheim lassen sich die Fehler auch nicht verbergen. Man darf gespannt sein, was sich beim momentan laufenden Neubau des Strafjustizzentrums am Leonrodplatz alles ergibt. Wenn sich die Justiz treu bleibt, könnte es auch hier noch die ein oder andere Überraschung geben.

© SZ vom 17.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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