Süddeutsche Zeitung

Hochschule:Thomas Hofmann wird neuer Präsident der TU München

  • Thomas Hofmann löst im kommenden Jahr Wolfgang Herrmann ab, den bisher dienstältesten Universitätspräsidenten Deutschlands.
  • Der künftige Präsident hat sich seit 2009 bereits als geschäftsführender Vizepräsident für Forschung und Innovation und als Hochschulmanager bewährt.
  • Er kündigt an, Talente nach München zu holen und sie dort zu halten.

Von Sabine Buchwald

Er müsse die Nachricht noch ein bisschen sacken lassen, sagt Thomas Hofmann, und wahrscheinlich lächelt er dabei, was am anderen Ende des Telefons nicht auszumachen ist. Seine Stimme klingt freudig und unaufgeregt, sie hat einen warmen, leicht fränkischen Tonfall. Der gebürtige Coburger wird neuer Präsident der Technischen Universität (TU) München. Diese Nachricht hat die Professorenschaft, die Mitarbeiter und die Studenten dann doch überrascht.

Erstaunlich ist dabei weniger die Tatsache, dass Hofmann, 50, im kommenden Jahr die Spitzenposition von Wolfgang Herrmann antreten wird. Immerhin hatte er sich um den Posten beworben und war im September zur finalen Runde eingeladen gewesen. Nicht erst seit diesem Tag fiel sein Name immer wieder, wenn über die Nachfolge von Deutschlands dienstältestem Universitätspräsidenten gesprochen wurde. Denn Hofmann hat sich seit 2009 als geschäftsführender Vizepräsident für Forschung und Innovation und als Hochschulmanager bewährt.

Nicht überall bekannt, und deshalb überraschend, war allerdings, dass sich der Hochschulrat zu dieser zukunftsentscheidenden Wahl zusammengefunden hat. Immerhin mussten sich die 20 stimmberechtigten Mitglieder, zehn interne Vertreter und zehn externe Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik, auf einen gemeinsamen Termin einlassen. Davon wussten am Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der TU München, dessen Direktor Hofmann seit 2017 ist, selbst enge Mitarbeiter nichts.

Und so waren sie einen Tag nach der Wahl in rege Betriebsamkeit versetzt und bekamen eine Idee davon, was nun auf ihren "sehr angenehmen" Chef, so eine Mitarbeiterin, zukommen wird. Sehr viel mehr Foto- und Interviewtermine zum Beispiel. Es spricht für Hofmanns Flexibilität und sein Vermögen, viele Aufgaben zu bewältigen, dass er dafür kurz nach der Wahl bereitwillig und ruhig zur Verfügung steht. Wenn er in diesem Stil dem Hochschulrat dargelegt hat, wie er sich die Zukunft der Universität vorstellt, dann wundert es wenig, dass er überzeugt hat. Er glaubt an die TU und hat selbst erlebt, was man verändern kann. Er habe von einem Gesamtentwicklungskonzept gesprochen, dass die Uni brauche, sagt Hofmann.

Im Zentrum stehen für ihn die Talente in ihren unterschiedlichen Stufen, wie man sie holen und halten kann. "München ist eine schöne Stadt, aber auch eine teure Stadt." Es gehe jungen Forschern weniger um die Sicherheit, als viel mehr um Karriereoptionen, die nicht von äußeren Bedingungen abhängen. Mehrmals spricht er das Berufungs- und Karrieresystem "TUM Faculty Tenure Track" an. Es ist sein Kind. Er hätte es anderen überlassen können, als Professor nach Finnland und Irland gehen können. Aber Hofmann wollte miterleben, wie es sich entwickelt, wie es groß wird.

Die TU soll offen sein für exzellente Leute, egal woher

Studiert hat Hofmann in Erlangen, seine Habilitation über Aminosäuren und Proteine geschrieben. Als Privatdozent hat er an der TU München angefangen, war stellvertretender Direktor der Deutschen Forschungsanstalt für Lebensmittelchemie in Garching, bevor er 2002 einen Ruf an die Westfälische Wilhelms-Universität Münster annahm. Bis 2006 war er dort auch geschäftsführender Direktor des Instituts. Dass er heute in München ist, hat viel mit dem Präsidenten zu tun, dem er nachfolgen wird. Hofmann war 2006 kurz vor dem Sprung an die ETH Zürich, als Herrmann ihn auf den Lehrstuhl für Lebensmittelchemie und Molekulare Sensorik der TU und damit zurück nach München berief. Hofmann nennt Herrmann einen "Menschenfänger", als den er sich wohl selbst auch künftig sieht.

Denn die TU München soll offen sein für exzellente Leute, egal woher. Dass heute mehr Studenten, Forscher und Dozenten als noch vor 15 Jahren nach München kommen, ist sicher Hermanns Verdienst. Diesen Weg wird Hofmann als neuer Präsident weiter gehen. Ihm ist die Lehre wichtig, das Grübeln und Arbeiten im Labor, die Naturwissenschaften an sich. Aber er hat dabei neue Herausforderungen im Kopf. Er denkt deshalb an eine zunehmende Verschränkung mit den Geistes- und Sozialwissenschaften, um ethische Fragen zu bearbeiten. "Verantwortung übernehmen etwa bei der Gentechnik, im Lebensmittelumfeld oder in der Robotik", sagt Hofmann, damit müssen sich die Studenten heute auseinandersetzen. "Verantwortliches Handeln", das sei eines der wichtigen Elemente für Studierende.

Hofmanns Karriere ist steil und geradlinig. In der Schule gehörte Chemie lange nicht zu seinen Lieblingsfächern. Erst in den letzten beiden Schuljahren sei der Funke über gesprungen, sagt er. Es war sein damaliger Lehrer, der ihn für das Fach begeistert hat. So sehr, dass es ihn bis heute fasziniert, im Labor zu stehen. Hofmann hat das nicht vergessen. Vielleicht legt er deshalb Wert auf die Entwicklung Einzelner und auf deren Förderung. Das Allerwichtigste aber, sagt er, sei, dass man immer mit Leidenschaft bei der Sache ist. "Das hat mich immer begleitet." Nur so könne man volle Leistungskraft entwickeln. "Ich habe während meines Studiums nie daran gedacht, was ich damit machen kann", sagt er. In Gesprächen mit Studenten erlebe er oft die umgekehrte Herangehensweise.

Mit Hofmann wird sich die TU München weiter in Richtung weltoffene Uni entwickeln, dazu sei das Umfeld in München in wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Hinsicht ideal. Die Zahl der Studierenden an der TU München hat sich in den vergangenen 50 Jahren verdoppelt. Hofmann setzt auf Qualität.

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Quelle:
SZ vom 19.10.2018/vewo, cck
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