Süddeutsche Zeitung

Hitze in der Stadt:Münchner Schattenseiten

Ein Hoch auf den Schatten! Denn schön ist der Sommer eigentlich nur, wenn man die Sonne meidet. Kühle Impressionen aus dem heißen München.

Schön ist der Sommer nur, wenn man die Sonne meidet: Impressionen von Münchens Schattenplätzen. "Ein Nebel, der für einen Regen gelten konnte, empfing mich heute früh vor München. Den ganzen Tag blies der Wind sehr kalt vom Tiroler Gebirg." Kein Wunder, dass sich Johann Wolfgang von Goethe bei so einem Sauwetter nicht sehr lange in der Stadt aufhalten mochte, als er 1786 gen Italien reiste. Vielleicht hätte der Geheimrat lieber an einem Wochenende wie diesem an der Isar vorbeikommen sollen: München leuchtet nicht, München brät... Im Bild: Badevergnügen am Langwieder See.

Fast 40 Grad soll das Thermometer an diesem Samstag erreichen. Auch ein schöner Platz dann: die Hängematte.

Aber so ist der Mensch: Erst schimpft er wochenlang auf schlechtes Wetter, wünscht sich endlich den Sommer herbei und verflucht den dauernden Regen - doch wenn die Sonne dann mal tut, wozu sie da ist, ist's auch wieder nicht recht. Zu große Hitze flieht der Mensch, ... Im Bild: Halbschatten im Hofgarten.

.. er bedeckt die Augen mit einer Brille, er rettet sich unter eine Markise, oder bleibt zu Hause und hält es wie Gabriel Garcia Marquez: morgens lüften, dann die Jalousien runter, so beschreibt er es in "Die Liebe in Zeiten der Cholera". Im Bild: Hofgarten

Wer doch ins Freie muss, sorgt für Beschattung, er geht auf der unbesonnten Seite der Straße, er setzt sich unter Kastanienbäume, ...

... und wenn sich je die Gelegenheit ergibt, die nackten Beine in kühles Brunnen- oder Flusswasser zu tauchen, dann tut er das.

So ist der Mensch hin- und hergerissen zwischen seiner Liebe zur Sonne, zur Wärme - und der Flucht davor. Denn natürlich macht Sonne Hautkrebs und Sonnenbrand, natürlich ist es nicht angenehm, mit Schwitzflecken groß wie Zeitungsseiten unter den Armen durch die Gegend zu laufen, und natürlich macht zu große Hitze den Menschen matt und träge.

Erst wenn der Abend kommt, wenn die Luft lau wird, dann hat der Mensch wieder Spaß am Draußen: Biergärten voll, Straßencafés voll, Freiluftkino voll, und das Fußballspiel, wenn auch nur um Platz drei, wird wohl auch wieder von Tausenden Fußballspiel-Gemeinsam-im-Freien-Anschauern angeschaut werden. im Bild: Königsplatz

Ein Hoch auf den Schatten also und auf die Nacht! Die Sonne soll tun, wozu sie da ist, sie soll die Luft erwärmen und aufheizen, aber wenn das getan ist, dann möge sie sich doch bitte hinter den Horizont verziehen oder wenigstens hinter einen Baum. Davor, also im Schatten, sitzt dann der Mensch, er spürt die Wärme auf der Haut und das Licht, aber er muss nicht braten. Das tut dafür das Fleisch auf dem Grill, möglichst bevor das Fußballspiel beginnt. im Bild: Parkbank im Hofgarten

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Quelle:
SZ vom 10.07.2010/Text: Stephan Handel, Fotos: Robert Haas
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