Historischer Streifzug:Die Altstadt als Museum

Wer genau hinschaut, erfährt viel über das Leben einst

Mehr als 250 Ausgrabungen gab es in der Münchner Innenstadt bisher. Zu sehen ist davon nicht mehr viel. Oder doch? Ein Rundgang durch die Altstadt zeigt, wie viel verborgenes Mittelalter die Archäologen in den vergangenen Jahren zu Tage gefördert haben.

Beginnen könnte der Rundgang am Marienplatz, dem ehemaligen Marktplatz der Stadt. Aber nicht an der Oberfläche, sondern im Zwischengeschoss zu U- und S-Bahn. Im Kundencenter der Münchner Verkehrsgesellschaft MVG wird bis zum 23. November der hölzerne Fischkasten vom Ende des 13. Jahrhunderts gezeigt, den Ausgräber in einer Latrine des Marienhofs fanden. Er sieht aus wie ein kleines Boot mit Löchern drin. Das Gebilde aus Erlenholz war in einem der Stadtbäche verankert und diente dazu, Fische bis zum Verzehr frisch zu halten.

Ein Abstecher führt in die Kaufingerstraße. Dort ist am und vorm Hirmer-Haus gleich dreimal der "Schöne Turm" verewigt, als Skulptur, als Reliefplatte - und als Grundriss im Straßenpflaster. Tausende spazieren so jeden Tag, ohne es zu merken, über eines der fünf Stadttore der ersten Stadtmauer des mittelalterlichen München aus dem 12. Jahrhundert. Vor 210 Jahren wurde der Schöne Turm abgerissen.

Nächste Station könnte der Jakobsplatz sein. Am 29. November beginnt im Stadtmuseum die Ausstellung "Archäologisches Schaufenster. Die Funde vom Marienhof". Gezeigt werden sollen Keramik-, Glas- und Lederfunde, Tierknochen und Pflanzenreste, die anschaulich machen, wie und wovon die mittelalterlichen Münchner lebten. Doch auch die jüngste Vergangenheit wird dargestellt - so zeugt das verformte Hotelgeschirr vom Café Deisler von den Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg. Geöffnet ist das Stadtmuseum Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr.

Ein Abstecher könnte dann in die Westenriederstraße führen. 2011 entdeckten Ausgräber dort, wo später die von Hofbaumeister Jean Baptiste Métivier 1824 errichtete erste neuzeitliche Synagoge Münchens stand, ein Stück der Zwingermauer aus dem 15. Jahrhundert. Die Quader wurden hundert Meter nordöstlich, kurz vorm Isartor, wieder aufgebaut. Auf der anderen Seite des Isartors sind mitten in einem modernen Gebäude noch die Grundmauern des Prinzessturms, eines Geschützturms aus dem 15. Jahrhundert, zu sehen. Der Mauerverlauf ist daneben im Boden markiert und in einem verglasten Bürogebäude noch zu erkennen.

Im Alten Hof ist im "Infopoint Museen & Schlösser" (Montag bis Samstag, kostenlos) die vor zehn Jahren eröffnete Dauerausstellung Münchner Kaiserburg zu sehen - mit Multimedia-Stationen und der von Archäologen freigelegten Burgmauer aus dem späten 12. Jahrhundert.

Noch ein paar Schritte, dann ist man auf dem Marienhof. Die Bahn informiert in einem Pavillon über die zweite Stammstrecke (Donnerstag bis Samstag, 14 bis 20 Uhr). Und über die dort gemachten archäologischen Funde. Mit etwas Glück kann man am Rand des Marienhofs Archäologen bei ihrer Arbeit zusehen.

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