Süddeutsche Zeitung

Historische Aufnahmen der Landeshauptstadt:München für die Hosentasche

Ein neuer Bildband von Klaus Fröba zeigt unveröffentlichte Ansichten der Stadt von 1890 bis 1960, viele davon mit hohem Wieder­erkennungswert

Von Julian Raff

An Bildbänden zur Geschichte der Landeshauptstadt mangelt es nicht, die meisten davon fallen nach Preis und Format in die Kategorie "Coffee-Table-Book", sind also eher etwas für Daheim und fürs größere Budget. Einen kompakteren, preisgünstigeren Band (17 mal 24 Zentimeter, 19,99 Euro) hat nun der Erlanger Autor Klaus Fröba im Sutton-Verlag heraus gebracht, der zur Bruckmann-Verlagsgruppe gehört. Die handliche "historische Bilderreise" von 1890 bis 1960 versammelt 170 bisher unveröffentlichte Fotos und Grafiken, die Fröba teils im eigenen, rund 10000 Bilder umfassenden Archiv gefunden hat, teils in den Beständen von Münchner Kirchengemeinden und Firmen. Die Bildtexte sind knapp gehalten, liefern aber die wesentlichen Erläuterungen. Er habe den historischen Überblick mit höchstens fünf, allerhöchstens zehn Textzeilen knapp halten wollen und vertraue auf die Aussagekraft seiner Fundstücke, so Fröba. Ansonsten journalistisch und lange Zeit als Prokurist bei einem fränkischen Sportartikelhersteller tätig, hat der 72-jährige Autor rund 30 Titel veröffentlicht, die meisten über seine Heimatregion. Besonders genau dokumentierte er den Wandel seiner Heimatstadt Erlangen. Als München-Experte würde sich der Franke ebenso wenig bezeichnen wie als Wilderer auf südlichem Terrain. Er komme aus familiären Gründen seit Jahrzehnten alle zwei bis drei Wochen hierher und kenne daher die Stadt nicht nur aus Geschichtsbüchern, versichert Fröba.

Der Band zeigt unwiderruflich vergangene Ansichten, aber auch solche von hohem Wiedererkennungswert. Nicht allem, was nur im Bild überlebt hat, muss man nachtrauern. Das Elend in den Haidhauser Herbergshäusern oder das Armenspital am Platz der heutigen Hauptfeuerwache wirken nicht mal auf den ersten Blick pittoresk. Wie aus einer anderen, nicht unbedingt besseren Welt erscheint auch ein im Jahr 1953 noch komplett zugeparkter Wittelsbacherplatz oder ein Verkehrsstau in der Rosenstraße im Jahr 1961. Bilder, die auf jeden Fall zeigen, wo die Wende zur verkehrsberuhigten City ihren Ursprung hat und wie gut sie (nicht nur) München bekommt.

Andere Aufnahmen zeigen Münchner Landmarken in ungewohntem Erscheinungsbild, etwa die Kirche St. Maximilian in der Isarvorstadt mit Spitztürmen. Zeugnisse zur Industriegeschichte illustrieren zugleich das Wachstum der Stadt, etwa das BMW-Werk an der Moosacher Straße, 1920 noch umgeben von riesigen Feldern, oder die in den Fünfzigerjahren wegweisende Siemens-Siedlung, mit der Obersendling ins Stadtgebiet hineinwuchs. Wie gesagt, schwelgt der Band nicht im vermeintlichen Idyll. Ausführlich dokumentiert er die NS-Zeit und die anschließenden Trümmerjahre, beides sowohl in Panoramabildern als auch in Detailaufnahmen, etwa jener vom erzwungenen Abriss der Hauptsynagoge in der Herzog-Max-Straße, oder, später, von der Wahl zur verfassungsgebenden Landesversammlung 1946.

Für Monacensia-Sammler und profunde Kenner der Stadtgeschichte mag die "Bilderreise" nicht allzu viel wirklich Neues bieten, dafür, siehe oben, passt sie in jede Hand-, Akten oder gar Manteltasche und bietet sich so als Begleiter zum Stadtspaziergang an.

Klaus Fröba: "München, 1890 bis 1960" eine historische Bilderreise, 122 S. Sutton Verlag 2019, 19,99 Euro, ISBN: 978-3-96303-130-4.

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Quelle:
SZ vom 18.09.2019
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