"High End"-Messe:"Manche haben sehr viel Geld"

Trotz Krise meldet die "High End"-Messe eine Rekordbeteiligung: Rund 250 Aussteller sind dabei und stellen kostspielige Hi-Fi-Geräte aus.

Otto Fritscher

Ein bisschen verloren steht er herum, und auf die Frage, wie die Geschäfte denn so laufen, antwortet Manolis Proestakis fast schüchtern: "Ich komme von da her, wo zurzeit alle Probleme herkommen: aus Griechenland." Nein, er habe noch keine der Lautsprecher-Boxen verkauft, mit denen seine Firma "Tune Audio" aus Athen auf der "High End"-Messe im Ausstellungszentrum MOC handelt.

"High End"-Messe

Da kann man nur staunen: Dieser Plattenspieler kostet 100.000 Euro.

(Foto: Foto: Stephan Rumpf)

Dass Proestakis bis zum Donnerstagnachmittag noch keinen Auftrag an Land gezogen hat, liegt aber wohl weniger an der unruhigen Lage in seinem Heimatland, sondern am Preis der Lautsprecher: 28.000 Euro, aber immerhin gibt es dafür zwei Stück. Für die "High End" ist das fast ein Schnäppchen, denn solche Lautsprecher aus Horn - darauf schwören Klangpuristen - können durchaus noch teurer sein: bis zu 102.000 Euro kosten zwei Exemplare von "Avantgarde".

Auf der High End sind noch bis einschließlich Sonntag Gerätschaften zu sehen und auch zu kaufen, die laut Veranstalter der Schau "den besten Ton und das beste Bild" ergeben. Rund 250 Aussteller füllen zwei Messehallen und die darüber liegenden Atrien, das ist eine Rekordbeteiligung.

"Das Krisenjahr 2009 haben wir gut überstanden, diesmal hat es sogar einen deutlich Ruck nach vorne gegeben. Wir waren bereits im Dezember ausgebucht", erklärt Branko Glisovic, Geschäftsführer der High-End-Society, stolz.

In der Tat gilt die Messe, die 2004 von Frankfurt nach München umgezogen ist, neben der "Consumer Electronics Show" in Las Vegas als die weltweit wichtigste Bühne für Audio- und Heimkino-Freaks. Rund 14.000 Besucher werden erwartet; zur Messe-Premiere am Donnerstag hatten sich mehr als 2500 Fachbesucher aus aller Welt angesagt.

Gleich neben den Lautsprechern aus Horn, die aussehen wie auf Gestelle montierte Flüstertüten, präsentiert Dirk Räke den "Argo". Wer dieses Gerät einen Plattenspieler nennt, würde wohl auch einen Bentley einfach ein Auto heißen statt von einer Limousine zu schwärmen. Der Argo ist das Topmodell von Transrotor. Er ist auf einem chromglänzenden Rolltisch montiert, das Laufwerk ist schwingungsfrei gelagert, "wie der Kreiselkompass auf einem Schiff", erklärt Räke.

Und der Argo, der satte 220 Kilogramm wiegt, hat zwei Tonarme: "So kann man vergleichen, welcher Tonabnehmer besser klingt." Vom Argo hat Räke erst ein Exemplar verkauft, aber vom Vorgängermodell, das auch schon 118.000 Euro gekostet hat, immerhin 20 Stück in sechs Jahren. "Manche Leute haben einfach sehr viel Geld, andere sparen ihr Leben lang auf so etwas", sagt Räke lakonisch.

Wenn HiFi zum Beruf wird

Ein paar Nummern kleiner ist der Stand von Marc Grebe ausgefallen, und auch seine Produkte - natürlich Plattenspieler - sind deutlich günstiger. "Ich habe viele Jahre lang Korkmatten, wie sie auf Plattentellern liegen verkauft. Dann habe ich angefangen, ganze Laufwerke zu bauen", erzählt Grebe. Für Laien: Ein Laufwerk hat nichts mit einer Festplatte im Computer zu tun, sondern ist sozusagen ein Plattenspieler ohne Tonarm und Antrieb.

Knapp 2000 Euro kostet Grebes Eigenkonstruktion. "Ich bin zum ersten Mal hier auf der High End, aber einige Händler haben sich schon für mein System interessiert", sagt Grebe. Leben kann er davon zwar nicht, muss er aber auch nicht. "Ich führe ein normales Fahrradgeschäft, aber mein Hobby HiFi wird immer mehr zum Beruf", sagt Grebe.

Boxen statt Bäume

Ein anderer Aussteller hat seinen Stand mit Tarnnetzen und großen Gorillas aus Plastik in einen Urwald verwandelt. Statt Bäume gibt es Lautsprecherboxen, beinahe mannshoch. "Fehlt nur noch, dass hier der Tarzan-Schrei rauskommt", sagt Stefan Zöggli, der aus Zürich gekommen ist. Doch solch profane Sounds gibt es hier, wo die einzelnen Gassen zwischen den Ständen Rue Hector Berlioz oder zumindest Keith Jarrett Street heißen, nicht zu hören.

Eines wird bei einem Bummel über die High End schnell klar: Gut hören oder gut (TV) sehen ist vor allem Glaubenssache. Ein Beispiel dafür sind die Kabel, mit denen die einzelnen Komponenten einer Anlage verbunden werden. Es gibt sie aus Gold, Silber oder ganz profanem Kupfer. Sascha Balke demonstriert am Stand von "Silent Wire" live, wie er Kupferdraht mit einem vergoldeten Stecker verlötet.

"Soll ich Ihnen etwas verraten?", fragt sein Kollege Roman Gramse. "Für den Klang wäre sogar Silber noch besser. Das wird aber nicht verwendet, weil es auf die Dauer anläuft." Wie gut, dass wenigstens den teuren Plattenspieler das Schicksal von Luxus-Limousinen erspart bleibt: Sie können nicht rosten.

Draußen, vor dem Eingang, spielen derweil die vier Hinterberger Musikanten aus der Gemeinde Nussdorf am Inn bayerische Weisen. "Live", sagt ein Besucher, "live ist eben immer noch am besten."

Geöffnet täglich von 10 bis 18 Uhr, die Tageskarte kostet zehn Euro.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: