Das Hidalgo-Festival macht es seit Jahren vor, wie man spannend und nicht zuletzt optisch enorm reizvoll junge Leute an klassische Musik heranführen und den regelmäßigen Besuchern solcher Konzerte einen wunderbaren Mehrwert verschaffen kann. So erneut geschehen mit einem "Box-Salon", "Song & Slam", einem "Lied-Contest" und zum Abschluss des diesjährigen Festivals bei "Loop of Love" im "Utopia", der ehemaligen Reithalle, mit Wagners "Siegfried-Idyll", Alban Bergs "Sieben frühe Lieder" und zum Abschluss "Ramifications" von György Ligeti.
Richard Wagners musikalische Liebesgabe an Cosima, die Mutter seines Sohnes Siegfried, mit Musik aus seiner gleichnamigen Oper hörte man direkt hinter dem Orchester mit Blick in die Noten von Fagott und den beiden Klarinetten, was für ein Erlebnis! Nebendran in den Arkaden-Bögen der zugemauerten Fenster gab es immer wieder ein Paar zu sehen, das sich auf unterschiedlich intime Art und Weise herzte, küsste und aneinanderschmiegte, wie passend!
Das Publikum darf, ja soll wandern
Für die (Jugend-)Lieder Alban Bergs wechselte man auf die Seite, denn sonst wäre die wunderbare Mezzosopranistin Corinna Scheurle ja gar nicht richtig zu hören gewesen. Diesmal saß man hinter dem Klavier, das freilich im Gegensatz zur orchestralen Bearbeitung von Reinbert de Leeuw wenig zu spielen hatte, denn die ursprünglich für großes Orchester von Alban Berg instrumentierten (Klavier-)Lieder hatte hier Paul Leonard Schäffer sehr geschickt für kleines Orchester bearbeitet.
Eine relativ "normale" Perspektive nahmen wir dann für die acht Viertelton-Minuten von György Ligetis 1968 komponierten "Verästelungen" für zwölf Solostreicher weit weg vom Orchester ein und wurden fast ein wenig abgelenkt von der faszinierenden, den ganzen Raum erfassenden Lichtregie und der Tour de Force durch die Filmgeschichte in den Arkaden oder via Fernseher unmittelbar vor den Füßen!
Dabei spielte das Hidalgo-Festival-Orchester unter Johanna Malangré, das sich aus hervorragenden jungen Musikerinnen und Musikern aus München und Umgebung zusammensetzt, wieder traumhaft. Den besonderen Reiz des - ohne Pause - eine Stunde dauernden Abends bildeten freilich die elektronischen Loops zwischen den Stücken innerhalb des "Konzertdesigns" von Friederike Bernhardt, Paul Bießmann, Toni Ming Geiger und Tom Wilmersdörffer. Hier blieben die Originale immer erkennbar, wurden aber ungemein fantasievoll akustisch weiter gedacht. Was für eine Bereicherung des klassischen Konzert-Erlebens; deshalb freuen wir uns schon riesig auf das nächste Jahr!