Herzogpark:Die Villa ist weg, der Streit geht weiter

Herzogpark: An dieser Stelle stand die Villa, hier will der Investor den Neubau platzieren.

An dieser Stelle stand die Villa, hier will der Investor den Neubau platzieren.

(Foto: Catherina Hess)

Das Haus Kolbergerstraße 5 hat die Gerichte jahrelang beschäftigt, ist aber nun abgerissen. Jetzt sind zwei neue Klagen anhängig, die von Nachbarn gegen den geplanten Neubau eingereicht wurden

Von Ulrike Steinbacher, Herzogpark

Die alte Villa wurde schon im Dezember plattgemacht, sie geistert aber weiterhin durch die Kommunalpolitik. Und auch das Verwaltungsgericht München ist mit dem Thema Kolbergerstraße 5 noch lange nicht fertig: Kaum hat der Investor Euroboden GmbH nach mehrjährigem Rechtsstreit mit der Stadt München den Abriss der Villa durchgesetzt, da sind schon zwei neue Klagen anhängig. Diesmal kommt der Einspruch aber aus der anderen Richtung: Ein Nachbar klagt gegen die beiden Vorbescheide der Stadt für den fünfgeschossigen Neubau mit Eigentumswohnungen, den die Euroboden errichten will. Einen Termin für die mündliche Verhandlung gibt es noch nicht.

Die Walmdachvilla im Herzogpark wurde 1923 gebaut - im Widerspruch zur Staffelbauordnung von 1904, die an dieser Stelle einen vier- bis fünfstöckigen Wohnblock vorsah. Einem Umbau in den Achtzigerjahren fiel die historische Innenausstattung zum Opfer, die dem Haus seinen Denkmalstatus eingebracht hatte. Als das bei einer Überprüfung ans Licht kam, wurde die Villa 2013 von der Denkmalliste gestrichen. Damit war der Weg frei für den Abriss, bis eine Bürgerinitiative mit Unterstützung des Bezirksausschusses (BA) Bogenhausen durchsetzte, dass das Landesamt für Denkmalpflege seine Entscheidung zurücknahm. Die Stadt München legte daraufhin ihre Baugenehmigung für den Neubau der Euroboden auf Eis. Der Investor klagte, die Sache ging vor Gericht.

Zwei Jahre und 22 Gutachten später kam das Verwaltungsgericht im Juli 2015 zu dem Schluss, dass die Villa weder eine städtebauliche noch eine geschichtliche, künstlerische oder wissenschaftliche Bedeutung hat und kein Denkmal ist. Die Stadt verzichtete dann im Oktober auf die Berufung. Und heute verrät nur noch eine Kiesfläche in dem großen Gartengrundstück, wo das Haus einmal stand.

Doch auf politischer Ebene sind die Spuren der erbitterten Auseinandersetzung um die Villa noch längst nicht getilgt. Im Gegenteil: Der BA Bogenhausen befürchtet, dass die herrschaftlichen Gebäude im Herzogpark mit ihren großen Gärten angesichts von Siedlungsdruck und hohen Immobilienpreisen grundsätzlich gefährdet sind und Nachverdichtungsprojekten zum Opfer fallen könnten. Im Oktober forderte er in einem von der CSU formulierten Antrag, einen Bebauungsplan aufzustellen und eine Veränderungssperre zu verhängen. Außerdem kritisierte der BA in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), dass die Stadtverwaltung im Rechtsstreit um die Villa auf die Berufung verzichtet habe, ohne die Stadtviertelvertreter noch einmal dazu anzuhören.

Diese Kritik wies Reiter im Dezember zurück: Das Planungsreferat habe sich völlig korrekt verhalten. Fragen der Prozessführung seien Verwaltungssache, überdies sei "die Haltung des BA 13 ... aus zahlreichen Stellungnahmen bekannt" gewesen. Und die Lokalbaukommission (LBK) teilte mit, dass sie grundsätzlich in einer Gestaltungssatzung ein geeignetes baurechtliches Instrument sähe, um Vorschriften für die Gestaltung von Stadtvierteln zu machen. Gerade im Herzogpark sei das aber gar nicht nötig, weil er "weitgehend von Baudenkmälern geprägt" sei. Jeder Neubau müsse daher ohnehin so gestaltet werden, dass er mit den denkmalgeschützten Häusern in Einklang stehe.

Das reicht den Bogenhausenern aber nicht. In der Sitzung am Dienstagabend ergänzten sie einstimmig ihren ursprünglichen Antrag. Jetzt fordern sie, dass die Stadt das Quartiersbild mit einer Kombination aus Bebauungsplänen und Ortsbildsatzungen nachhaltig sichern soll, und zwar nicht nur im Herzogpark, sondern auch in Alt-Bogenhausen. Gerade die Nachverdichtung in diesen Vierteln "trägt sicherlich nicht dazu bei, dass das Wohnraumproblem in München gelöst wird", heißt es in der Begründung. Stattdessen würden "neue Luxusbunker errichtet, die rein der Gewinnoptimierung des Bauherrn dienen". Und anders als die alten Gründerzeitbauten entstünden diese neuen Anlagen "meist einfach nur nach dem Prinzip: quadratisch, groß und wenig Grün".

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