Süddeutsche Zeitung

Hertzkammer:Düsterboys

Neue Electronica von Albert Pöschl und Christian Nothaft

Von Martin Pfnür

Es ist so etwas wie ein Gipfeltreffen unter umgekehrten Vorzeichen, was da kürzlich unter dem Projektnamen "PCN versus Da Pöschl" erschien. Denn links und rechts dieses augenzwinkernd kompetitiven "versus" bündeln zwei Freigeister ihre Kräfte, die längst nicht mehr aus der Münchner Underground-Szene wegzudenken sind: Christian Nothaft alias PCN, der sich als zentrale Figur des punkigen Bodensatz-Kollektivs (eine Art Hybrid aus Label und Verlag) seit gut zwei Dekaden als versierter Multifunktionsfrickler erweist. Auf seiner Website versammelt er ein Werk, das zwischen vertonten Hundeträumen, retrofuturistischer Lesungsuntermalung und freidrehender Avantgarde veranschaulicht, wie wunderbar wild sich das anhören kann, wenn einem niemand an der eigenen musikalischen Vision rumzuppelt. Ihm gegenüber: Albert Pöschl, bei dem als Label-Chef, Produzent und Musiker seit 20 Jahren die Fäden des feinen Indie-Labels "Echokammer" zusammenlaufen, und der unter seinem Solo-Alias "Da Pöschl & The Ghosts" auch gern mal allein am Schräubchen dreht.

Zusammen sind die beiden nun auf einem Split-Album zu hören, das mit vier PCN-Tracks auf der A- und sechs Pöschl-Tracks auf der B-Seite einen spannenden Querschnitt dessen umreißt, was elektronische Musik sein kann. Geht es auf der PCN-Seite mit pressluftverhämmerten Industrial-Klangcollagen, hochfrequent sirrenden und knisternden Impro-Freiflügen oder einer E-Bass-verdröhnten Fusion zwischen 8-Bit-Sounds aus dem Super-Mario-Kosmos und rasenden Stromgitarrenfragmenten recht harsch zu, so kommt Pöschls B-Seite vergleichsweise harmonisch, aber doch angemessen geisterhaft daher. Da ist Gene Vincents alter Rockabilly-Hit "Be-Bop-A-Lula" aus dem Jahr 1956, der hier als düstere Starkstrom-Umdeutung wiederkehrt. Da ist das kristalline Pluckern eines Tracks wie "No Night To Touch", der einen spröden minimalistischen Zauber versprüht und just dann abbricht, als sich eine süß klingelnde Gitarre dazugesellt. Und da ist dieses sphärisch verzirpte Sci-Fi-Finale namens "Dark Time", das man guten Gewissens als Hommage an die kultgewordenen Soundtracks zu den Filmen des US-amerikanischen Regisseurs John Carpenter betrachten darf. Dunkle Musik für dunkle Zeiten.

PCN versus Da Pöschl ist als Vinylplatte, CD und Download via echokammer.de erhältlich

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Quelle:
SZ vom 26.02.2021
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