Festspiele:Politik der schönen Töne

Festspiele: Das Münster der Fraueninsel war Kulisse und Ort des ersten Konzertes der Festspiele.

Das Münster der Fraueninsel war Kulisse und Ort des ersten Konzertes der Festspiele.

(Foto: Herrenchiemsee Festspiele)

Ein Staatsempfang und das Orchester der Klangverwaltung eröffnen auf Frauenchiemsee die Herrenchiemsee-Festspiele.

Von Egbert Tholl, Frauenchiemsee

Eigentlich ist es gar nicht die Eröffnung der Herrenchiemsee-Festspiele, dieses herrlich aufregende Konzert im Münster auf der Fraueninsel. Nein, die Eröffnung war einen Tag davor, mit einem Staatsempfang im Schloss Herrenchiemsee. Das gab es noch nie. Das ist ein Zeichen.

Enoch zu Guttenberg hat die Festspiele im Jahr 2000 gegründet und bis zu seinem Tod am 15. Juni 2018 geleitet. Es folgten zwei Ausgaben ohne ihn, dann kam Corona, zwei Ausgaben fielen aus. Die diesjährigen Festspiele sind somit verspätet ein Jubiläum. Um dessen Bedeutung zu ermessen, ruft man Kurt Faltlhauser an. Er, ehemaliger bayerischer Finanzminister, steht dem Kuratorium des Fördervereins der Festspiele vor, der wiederum auch von einem ehemaligen bayerischen Finanzminister geleitet wird, Georg von Waldenfels. Vertraut mit den mäandernden Vorlieben der Kulturpolitik, beschlossen beide nach Guttenbergs Tod, dafür Sorge zu tragen, dass dessen Erbe erhalten bleibt und die Festspiele weitergeführt werden.

Und deshalb freut sich Faltlhauser sehr, dass es diesen Staatsempfang mit Kunstminister Markus Blume gab. Faltlhauser erzählt, man habe nach Guttenbergs Tod die Finanzierung der Festspiele etwas angehoben - Guttenberg selbst habe zu Lebzeiten schon mal 800 000 Euro privates Geld hineingesteckt, um ein Projekt möglich zu machen. Dennoch weiß Faltlhauser natürlich um die Missgunst, die Herrenchiemsee wiederholt widerfahren ist. Und er gibt zu, ja, die Festspiele kriegen viel Geld vom Staat. Doch sie spielten die Hälfte der Kosten an der Abendkasse selbst ein, seien in diesem Jahr bereits ausverkauft und außerdem ein Leuchtturmprojekt. Dies mache der Staatsempfang sichtbar, der keineswegs als Provokation gegenüber anderen Festivals gedacht sei. Er selbst, Faltlhauser, sehe keinen Grund, nicht eine lange Tradition der Festspiele aufzubauen.

Gefühlt gibt es die ja ohnehin schon. Ein Teil davon besteht darin, dass die Festspiele im Münster auf Frauenchiemsee mit Musik von Bach eröffnet werden. Früher haute einem hier Guttenberg auf unnachahmliche Art gern die Johannespassion um die Ohren, dass diese glühten. In diesem Jahr dirigiert der zauberhafte Reinhard Goebel die Mini-Besetzung der Klangverwaltung. Elisabeth Breuer singt zwei Kantaten, übernimmt allein auch den Chor. Sie ist brillant in den Koloraturen, auch in der Textverständlichkeit, und hätte sie ein wenig mehr Poesie in der Stimme, man kriegte sich kaum mehr ein. Rebekka Hartmann und Önder Baloglu übernehmen die Soloparts im Violinendoppelkonzert und müssen danach über sich selbst lachen, so umwerfend, mitreißend spielen sie. Am Cembalo und Orgel Max Volbers, ein fröhlich Verrückter, alle spielen toll. Was für ein Auftakt.

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